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AutorenbildIngo

Wieder am Mekong . . .

Aktualisiert: 30. Dez. 2023

28. / 29. Dezember 2023 - Von Phnom Penh über Kratie nach Stung Treng

KM 15314


Und dann endet die Straße. Vor uns erstreckt sich eine breite, rote Schotterpiste, die an einem, nicht auszumachenden Punkt, wo sich Himmel und Horizont treffen, verschwindet. Trockenes Land, das ebenso unter der Hitze zu ächzen scheint, wie wir. 36 Grad, trockene Hitze mit stetigem, ebenfalls heißem Nordwestwind. Die vergangenen Tage war es immer nur so 30-33 Grad. Ich hätte nie gedacht, dass 3 Grad soviel ausmachen können. Die Seitenstreifen der Piste sind mit vertrocknetem gelblichen Gras bewachsen, was aussieht, als hätten die vergangenen Monate keinen Regen gebracht. Die großen Blätter des Zuckerpalmen singen im Wind wieder mal ihr kratzendes Lied, sonst ist nur das Knacken des heißen Motors zu hören. Die Piste liegt leicht erhöht und im Graben daneben, steht gelblich, schlammiges Wasser. Der Himmel ist tief blau und weiße Wolken ziehen, vom heißen Wind getrieben, nach Südosten. Das rote Sand-Schottergemisch wird vom Wind aufgewirbelt und legt mittig der Piste ein zünftiges Waschbrett frei. Wobei die beiden „Fahrspuren“ mit relativ viel losem Material bedeckt sind. Ein Träumen also, in der Mitte Rüttelei und am Rand hin- und Herschwimmen des Hinterrades. Netterweise hat die Fa. BMW für diesen Fall ein Programm im Fahrwerk installiert . . .



     Bei leichter Bewölkung brechen wir gestern Morgen, gegen 10 Uhr in Phnom Penh auf. Ziel der Etappe ist, das 250 Kilometer weiter nördlich gelegene, Kratie, in der gleichnamigen Provinz. Kratie liegt auf unserem Weg nach Laos. Da wir nicht wissen, wie die Straßenverhältnisse jenseits des Touristenpfades Siem Reap - Phnom Penh ist, haben wir auf „halber Strecke“ ein Hotel gebucht. Kratie ist berühmt wegen der Möglichkeit die überaus seltenen, stupsnasigen Mekong-Delfine zu sehen. Von Kratie sind es dann noch einmal 150 Kilometer bis nach Stung Treng, wo sich die „letzten“ Hotels vor der Grenze befinden. Bis zum Grenzübergang sind es dann aber immer noch 60 Kilometer, was bedeutet, dass wir früh aufstehen müssen.



    Zunächst müssen wir zurück zur 6 und wieder Richtung Siem Reap. Phnom Penh ist ziemlich „voll“ um diese Tageszeit, doch nach knapp einer Woche in dieser Stadt, kennen wir etliche Schleichwege, um die großen Verkehrsknoten- und auch Staupunkte zu umgehen. Wir passieren erneut die sehr skurrilen Vorstädte, mit ihren arabischangehauchten Wohnkolonien und den florentinischen Renaissance-Malls. Auch beim zweiten Mal, ist der Anblick dieser Bauten nicht minder seltsam. Wenn man vom Land kommt, wo die einfache Holzhütte, ggf mit Bambusmatten als Wandelement, dann erscheint einem diese, im alten Italien abgekupherte Bauweise, völlig fatamorganahaft, wenn man es so nennen möchte. Abgesehen davon, zeigt sich hier eine gesellschaftliche Diskrepanz, die ich so noch nicht erlebt habe. Bei der



Spinnenverköstigung, am Abzweig nach Siem Reap, fahren wir geradeaus auf die Landstraße Nr. 7 Gleichzeitig springt unser Tacho auf den 15.000ten gefahrenen Kilometer um, seit wir in Münster vor dem Rathaus gestartet sind. Leider muss ich gestehen, dass sich sofort, urplötzlich alles ändert. Wer von Siem Reap nach Phnom Penh fährt, zumindest bei Tage, der wird die Massen von Müll, Dreck und sonstigem Unrat an den Straßenrändern der 6 nicht übersehen können. Besonders nicht, wenn man ein paar Tage im ultragepflegten Umfeld von Angkor zugebracht hat. Aber hinter dem Straßenkreuz der Landstraße 6 und 7 beginnt eine neue Dimension. Die hat schon fast indonesische Ausmaße. Überall hängt Plastikmüll in den seitlichen Grünflächen, auch vor den zahllosen Verkaufsständen und Garküchen, die die 7 säumen. Die „Betreiber“ sitzen teilnahmslos im Schatten, daddeln auf ihrem Handy, bis sich ein Kunde zeigt. In Indien, meinem mülltechnischen Supergau, musste ich lernen, meinen



europäischen Blick auf die Dinge zu verändern und meinen deutschen Optimierungsgedanken auszuschalten. Da man sonst nicht die Farben sieht, das Lächeln der Menschen, all die Schönheit und die Faszination, die sich zweifelsohne zwischen den, sich auftürmenden, Müllhalden verbirgt. Aber, nehmen die Menschen nicht wahr, dass das einfach nicht schön aussieht? Das skurrilste ist bspw, dass häufig vor einer Garküche sauberst gefegt ist, aber rechts und links alles völlig unterirdisch daher kommt? Nun müssen wir gestehen, dass wir gerade 2 Monate im ultragepflegten Thailand waren, da fällt das natürlich direkt nach Angkor



ins Auge. Versuche das auszublenden, doch mal geht das besser und mal gelingt das eben nicht. Dazu kommt, dass es in den Kleinstädte oftmals bestialisch stinkt. Manchmal ist es die Produktion von Sojasoße, vergorenem Fisch und was sonst auch immer noch auf der Speisekarte steht, doch manchmal ist es einfach Unrat, der sich mitten in der Stadt, bspw. um einen Kreisverkehr angesammelt hat, den sich aber keiner zu beseitigen bemüht.

Außerdem sitzen irgendwie immer Hunderte von Menschen am Straßenrand und machen irgendwie nix. Vielleicht ist das nur eine Momentaufnahme, doch so viele Momentaufnahmen kann man gar nicht haben . . .



    Die Straße geht einfach nur gerade aus, was es ziemlich anstrengend macht. Je weiter wir uns von Städten wie Phnom Penh oder Kampong Cham entfernen, umso schlechter wird der Straßenbelag. Die Bergziege wird immer wieder hin und her geworfen, denn die gnadenlose Hitze scheint dem Asphalt, tagein und tagaus, zuzusetzen. Streckenweise ist er völlig deformiert, dass es für Zweiradfahrer ganz schön knifflig ist, nicht aus der Spur zu kommen. Hinter Suong müssen wir Richtung Norden abbiegen. Nach wenigen Metern hört der Asphalt auf und wir landen in einer gigantischen Baustelle, die aber glücklicherweise nicht besonders befahren ist. Der Himmel ist jetzt ziemlich zugezogen und eine tiefhängende Wolke drückt sich ein paar Regentropfen raus. Aus der Baustelle raus kommen wir auf eine vierspurige



Prachtallee, auf der wir die einzigen Fahrer sind. Was eine derartig dimensionierte Straße hier soll, verstehe wer will. Aber, immerhin ist der Belag großartig, sodass wir voran kommen. Leider ist 5 Kilometer weiter die Traumstraße zu Ende und wir landen auf einer Buckelpiste, die nordwärts Richtung Mekong führt. Interessanterweise, ist die Gegend rein muslimisch geprägt. Mir war gar nicht bewußt, dass es eine derart große Community in Kambodscha gibt. Wenige Kilometer vor Chlong Chhlong (der Ort heißt wirklich so) beginnen weite, tiefgrüne Reisfelder das Landschaftsbild zu bestimmen. Der große Fluss kann also nicht mehr weit sein. In Kampong Cham haben wir den Mekong schon einmal überquert und erreichen ihn am frühen Nachmittag erneut. Nun sind es noch knapp 40 Kilometer nach Kratie, immer entlang des Mekongs.



    Der Fluss liegt tief in seinem Flussbett, wie an den meisten Stellen, wo wir seinen Lauf kreuzten. Zusätzlich liegt die Straße auf einem hohen Damm, der bestimmt 10 Meter oberhalb der „Überlaufflächen“ angelegt wurde. Die Häuser entlang der Straße, hin zum Mekongufer, stehen alle auf Stelzen, die mindestens 5 Meter hoch sind. An den farblichen Veränderungen der Stelzen läßt sich feststellen, dass sie nicht umsonst in dieser Höhe gebaut wurden. Weg von der unmittelbaren Uferzone, stehen weiterhin alle Häuser erhöht, wenn auch nicht so hoch wie direkt am Ufer. Wenn ich mir so das Volumen überlege, welches Platz überlaufendes Wasser in den Überlaufflächen hätte, dann ist jedes Hochwasser daheim abgestandener Kamillentee dagegen. Zumindest hier, in der unmittelbaren Flussregion, sind die Dörfer ziemlich gepflegt, die Häuser überwiegend gestrichen, in Stand gehalten und der Müll reduziert sich auf ein Maß, dass man bei uns üblicherweise auch auf einem Autobahnzubringer vorfinden könnte.



    In drückender, feuchter Hitze kommen wir in Kratie an, wo wir eigentlich zwei Nächte bleiben wollen. Müssen aber feststellen, dass in unserem Guesthouse gebaut wird. Derzeit stemmt man allen Putz ab, von 7 Morgens bis 7 Uhr abends! Wir verkürzen um eine Nacht. Denn weder der abgeschlossene Parkplatz, noch das Zimmer mit Flussblick, was wir gebucht hatten, war verfügbar. Seit vorgestern haben wir mit den Malariaprophylaxen begonnen, da sich außerhalb von Siem Reap und Phnom Penh die Gefahr von Malaria exponentiell erhöht. In Kratie tauchen dann auch abends im Restaurant schon die ersten Tigermücken auf . . .

    Erholt wache ich heute morgen auf, habe bestimmt 12 Stunden geschlafen. Die Sonne scheint, die drückende Luftfeuchtigkeit ist mit dem nächtlichen Regenguss verschwunden und über dem träge dahinfließenden Mekong, leuchtet strahlend blauer Himmel. Auch meine leichte Gereiztheit von gestern ist verschwunden. Normalerweise habe ich mit Malariamittelchen kein Problem, doch tatsächlich grummeln unsere Mägen seit drei Tagen etwas, doch heute morgen ist das vorbei. Außerdem haben wir eine sehr schöne Etappe vor uns. 40 Kilometer am Fluss entlang, dann quer durchs Land etwa 60 Kilometer und die restlichen 50 Kilometer bis nach Stung Treng. Nachdem Frühstück läuft Anni eben zum Ausdrucken unserer Visumsanträge für Laos und ich muss lebenswichtige Teile der Bergziege putzen. Zum Laos Grenzübertritt schreibe ich später etwas . . .  Die Bergziege ist komplett mit Baustaub gezuckert und durch den Regen hat sich ein lustiges Leopardenmuster gebildet. Allerdings sind auch alle Scheinwerfer und das Windschild „blind“, was für den Verkehr und das Erspähen von Schlaglöchern, nicht gerade hilfreich ist. Also putze ich die Lampen und die Front.



    Entlang des Mekong reihen sich die Dörfer, nur selten gibt es unbebaute Flächen, die einen Blick auf den breiten Strom zulassen. Der Mekong ist hier ziemlich breit, auch wenn er nicht so wirkt, da es immer wieder große und kleine sandige und teilweise bewachsene Inseln im Strom gibt. Beeindruckend ist er alle mal. Immer wieder gibt es die sogenannten Dolphin View Spots, wo man sich aber erst einmal der Handcraftmarkets, Getränke- und Speisenangebote erwehren muss. Da ist soviel Trubel am Ufer, dass bestimmt kein Delfin auch nur freiwillig in die Nähe des Ufers oder der zahlreichen schwimmenden Restaurants kommen wird, soviel ist mal sicher. Wir füllen lediglich die Wasserfalschen auf und es geht weiter. Die Straße ist immer wieder durch



lange Schotterpistenabschnitte unterbrochen. Derzeit wird diese Uferstraße neu asphaltiert und erweitert. Kratie gewinnt zunehmend Bedeutung bei den Touristen und damit kann man halt viel Geld verdienen, wer würde ihnen das schon verübeln? Die Häuser sind typisch kambodschanisch, überwiegend aus Holz, auf Stelzen und großen schattenspendenden  Vordächern. Die Piste ist gesäumt von Palmen und großen, akazienähnlichen Bäumen, die ich nicht kenne. Ziel ist das Dorf Sambor, wo das Wat der 100 Säulen steht, das Wat Sarsar Myoy Roy. Immer wieder blitzt das blaue Wasser des breiten Stroms durch das Blattwerk der Vegetation oder zwischen die Holzhäusern der Dörfer.



     Das Wat der 100 Säulen, ist ein wenig enttäuschend. Es ist halt ein Wat, im kambodschanischen Stil, hoch, lang und hat ein paar mehr Säulen. Wenn ich mir vorstellen, dass ein Tourist hierhergekarrt würde - für teuer Geld - der wäre sicherlich echt geplättet. Mit dem Auto ist die Strecke mit den Straßenverhältnisse sicherlich kein Spass. Da wir ohnehin auf dem Weg nach Norden sind, macht der kleine Umweg zum Wat nichts. Es ist ganz schön, aber eben auch nicht so richtig der Kracher. Gegenüber gibt es netterweise eisgekühlte Kokosnüsse, was dann immerhin ein kleiner Trost ist. Es ist halb zwei, als wir Sambor verlassen und uns auf




Nebenstraßen zur 7 durchschlagen müssen. Und dann endet die Straße. Vor uns erstreckt sich eine breite, rote Schotterpiste, die an einem, nicht auszumachenden Punkt, wo sich Himmel und Horizont treffen, verschwindet. Breit walzt sich die Piste durch das Land. Wo zunächst noch Zuckerpalmen die Umgebung dominieren, stehen bald höhere Laubbäume und die flache Graslandschaft verändert sich hin zu Buschland. Immer wieder fühle ich mich sehr an Ostafrika erinnert. Besonders die tiefrote Erde trägt zu dem Eindruck bei. Ich war zwar noch nie in Australien, doch mit dem völlig vertrockneten Buschland, könnte man sich auch im Outback befinden. Die Breite der Piste ermöglicht glücklicherweise ein zügiges Tempo, sodass die, vom




Wind geformten Waschbrettabschnitte, kaum spürbar sind. Da es faktisch keinen Verkehr gibt, lassen wir laufen. Die Bergziege fliegt über den roten Schotter, dass es nur so staubt. Zumindest im Rückspiegel. Hätten wir jetzt keinen Spritzschutz am Hinterrad, würden die Passagiere in der ersten Klasse aussehen, wie mit rotem Puderzucker überzogen. Der Himmel ist weit, die Piste auch, der Fahrtwind angenehm und dem frühen Nachmittag geschuldet, hat die Hitze nachgelassen. Es macht einfach Spass. Die Piste zieht sich in weiten, gut zu fahrenden Kurven



durch das trockene Land. Es riecht wie extrem trockenes Steppenland, nach verdorrtem Gras und würziger Erde. Das sanfte Wiegen der Bergziege, dass ihren Galopp über das, teilweise vom Wind freigeblasene, Waschbrett begleitet, läßt einen schnell vergessen, dass man überwiegend auf losem Untergrund fährt. Doch ich mag diese Vibrationen, die die Maschine durch alle Bauteile auf unsere Körper überträgt und die Kraft, die unter dem Tank schlummert. Wenn das Hinterrad zu schlingern beginnt, reicht ein ordentlicher Schub Gas, das ganze Fahrwerk stabilisiert sich und die Bergziege macht einen „Sprung“ nach vorn . . .



    Die letzten 50 Kilometer nach Stunt Treng legen wir auf, durchschnittlichem Asphalt in der waren Nachmittagssonne zurück. Immer gibt es Abschnitte, wo sich das trockene Gras entzündet hat und die Banquette brennen. Da hier aber niemand zu sein scheint, brennt es einfach. Auch der Verkehr nach Stung Treng hat rapide abgenommen. Mit 90 lassen wir nordwärts laufen. Hier ist nichts mehr, nur noch die Grenze zu Laos . . . Bonne nuit folks!




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1 Comment


Marc Luetjens
Marc Luetjens
Dec 30, 2023

KI befasst sich mit dem Müll:

Kambodscha ist ein Land in Südostasien, das mit einer wachsenden Menge an Abfall zu kämpfen hat, vor allem in den städtischen Gebieten. Laut einem Bericht von 2018 produziert das Land etwa 10.000 Tonnen Müll pro Tag, von denen nur etwa 5% recycelt werden. Der Rest wird entweder verbrannt, auf Deponien gelagert oder illegal entsorgt, was zu Umweltverschmutzung, Gesundheitsrisiken und Verlust von natürlichen Ressourcen führt.

Ein Teil des Müllproblems in Kambodscha ist auch auf den Import von Abfall aus anderen Ländern zurückzuführen, insbesondere von Plastik und Elektroschrott. Diese Art von Abfall ist oft schwer zu recyceln und enthält gefährliche Inhaltsstoffe, die Boden, Wasser und Luft verschmutzen können. Im Jahr 2019 hat Kambodscha beschlossen, 83 Container…


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