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AutorenbildIngo

Pickups und Holländische Kurven . . .

26. Oktober 2023 - Von Dan Chang nach Ayutthaya

KM 8304


Ohne seinen Pickup geht der Thailänder als solcher, nicht aus dem Haus. Das meint er gar nicht böse, der Pickup ist hier mehr so etwas wie ein zusätzliches Kind im Haus. Gefühlt gibt es in Westthailand gar keine anderen Fortbewegungsmittel, neben dem Pickup. Die Zahl der Rollerfahrer tendiert gegen Null im Vergleich zur Pickupdichte. Ranger, Trooper, Hillux, Everest und mein Lieblingsmodell Raptor bevölkern die Landstraßen. In allen Modellvarianten und jeden Alters, Hauptsache Blattfederung. Egal, ob tiefergelegt oder aufgebockter Monster-Pickup, egal, ob schwerstes Dieselgeschoss oder, vermeidlich energiesparender Leichtfußhybrid, es gibt nur eine Geschwindigkeitsbegrenzung - Höchstgeschwindigkeit. Auf gerader Strecke braten die Pickuppiloten gnadenlos, jenseits aller Vernunft, über den Asphalt, Hauptsache schnell. Kurvenfahren ist mit dieser fahrzeugtechnischen Lebensauffassung allerdings nicht so angesagt. Da schnecken sie, als würde ein westfälischer Bauer sonntags noch einmal seinen alten /8ter Benz aus der Scheune holen. Gefühlt döst der gemeine pickupfahrende Thai auf kurviger Strecke, liest mails oder macht digitale Tetrisspielchen auf dem Handy (haben wir erlebt). Wenn wir dann der Bergziege in den Kurven freien Lauf lassen, fühlt man sich in seiner Pickup-Rennfahrerehre gekränkt und gibt Matte. Natürlich ist nichts schöner, wenn mit unkontrollierter Geschwindigkeit der zwei Meter breite Kühlergrill eines, tarnmusterbeklebten Raptors, plötzlich den Rückspiegel ausfüllt. Dann überholen sie gerne an den

unübersichtlichsten Kurven, und dass geht mit den Stahlkartons gar nicht gut. Nicht, das uns das aus der Ruhe bringen würde, da sind wir aus Indonesien gar wirklich harten Tobak gewöhnt, was so die Überholmentalistät und generelle Fahrzeugführung angeht, aber so ein Raptor ist nervig. Wenn man dann gerade Strecke erreicht hat, wollen sie wieder die Pooleposition. Der Mopedfahrer darf in Thailand nur 90 Km/h fahren, daran hält sich der Raptor nun gar nicht. Doch, man höre und staune, selbst auf den Schnellstraßen gibt es hier immer wieder Ampeln - da hält man in Thailand an, ich weiß, lächerlich, aber machen die hier so. Dann spätestens hat man den Raptor wieder eingefangen, was den kleinen Mann am Steuer meist ärgert und er anschließend wieder unkontrolliert Matte gibt . . . Doch genug der Benzinstories. So ein Pickup hat natürlich auch einen Zweck, er dient dem Transport von irgendwas nach irgendwohin, außer dem Raptor, der dient nur als Untergrund für Tarnmusterfolie und als Halterung für übergroße Reifen. Uns ist aufgefallen, dass es das mittlere Größensegment von LKWs in Thailand nicht so richtig gibt. In Indonesien und Malaysia vergeht keine Sekunde auf der Straße, ohne, dass man einen schwarzdieselumwölkten Kleinstlastkraftwagen vor sich hat. Das Segment übernimmt der Pickup hier. Tonnen von Waren, wie Zuckerrohr, Reisstroh, Ziegen, Hühner, Ochsen, säckeweise leere PETflaschen, Mopeds, Metallgitter, Getränkekisten und-ich-weiß-nicht-was-sonst-noch-alles, wird damit von A nach B gekarrt. Nicht zu vergessen, die ganzen Menschen, die bei Wind und Wetter auf der Ladefläche eines Pickups herumkutschiert werden. Der Pickup hat selbst den Lastenroller hier in die Bedeutungslosigkeit verwiesen, ein Novum in Asien. Heute morgen, als wir so zweckfrei vor dem Kaffee in Mimi´s Kitchen hockten, fuhren etliche Pickups vorüber, die für einen Tütensuppen-Hersteller arbeiten und ihre Ware von der Fahrerkanzel mit einem Megafon in die Seitengassen der Landstraße 333 brüllten. Da gibt es natürlich auch den Tuppervertreter, der seinen Pickup über und über mit Plastikgeschirr, Töpfen, Salatbesteck, Frischeboxen in allen Farben und Formen usw. behängt. Außerdem bietet die Heckklappe Liegefläche für die schattige Mittagspause. Der Pickup ist vielfach einsetzbar und außerdem bietet er Raum für das Customizing-Gewerbe. Zulieferer für grelle Zierstreifen, Tigeraufkleber oder auch nur Walt Disneys 7 Zwerge, Metallgitter für einen käfigähnlichen Aufsatz, damit Waren höher gestapelt werden können oder einfach formschönere Austauschfahrerkanzeln gibt es in jedem gutsortierten Dorf in Westthailand. Wir sind gar nicht zum trinken unseres Kaffees gekommen, da vor Mimi´s Kitchen eine so abwechslungsreiche Pickupparade vorbeidonnerte und die bloße Existenz anderer Fortbewegungsmittel negierte.

Ayutthaya ist das Ziel unserer heutigen Etappe, 160 Kilometer, aus den Bergen ins heiß-schwüle Flachland. Ereignislos, stundenlang geradeaus. Zunächst ist so wenig auf der Straße los, dass wir mit dem Gedanken spielen, während der Fahrt eine Partie Backgammon zu wagen. Die Straße ist wie ein schwarzer Strich, der schnurgerade durch endlose Reisfelder führt. Die Hitze flimmert auf dem Asphalt und der Fahrtwind mutet an, wie das Gebläse eines Pizzaofens. Alle 10 Kilometer taucht ein Wat auf. Von der kleinen Stupa bis hin zur Monsteranlage ist alles dabei.


Das gleiche Bild, wie in den vergangenen Tagen. Die meisten Wats sind wie ausgestorben, nur Hunde und Katzen sind ein Zeichen für Leben um die riesigen Buddhafiguren. Uns fehlt immer noch eine Gebetskette aus Thailand, die wir zu den chinesischen Gebetsfahnen aus Malaysia gesellen können. Wir werden fündig, in einer, ansonsten ausgestorbenen Monsteranlage, sitzt eine alte Dame und "verkauft" Gebetsketten gegen eine Tempelspende. Kurzerhand greift Anni zu und schon ist die buddhistische Versicherung für die Weiterreise an den Koffer gedengelt. Der Raptor kann uns nun nichts mehr anhaben. Hati-Hati, wie man auf Java zu sagen pflegt!


Weiter geht es geradeaus, schnurgerades. Je näher wir uns der Metropole Bangkok nähern - Ayutthaya liegt nur 80 Kilometer von Bangkok entfernt - umso mehr geflutete Reisfelder tauchen auf. Jetzt fühlt es sich an, als würden wir doch Holland fahren. Auf einem Deich, rechts und links Wasser und jede Menge holländische Kurven - nämlich keine. Es gibt nur noch 90 Grad gewinkelte Abzweige. Also recht holländisch die Verkehrsplanung. Die Beläge sind frisch geteert, feinster Flüsterasphalt, großartig zu fahren, auch, wenn es keine Kurven gibt. Uns hat man berichtet, dass der infrastrukturelle Ausbau von Straßen, auch im noch so hinterletzten Winkel Thailands, eine Herzensangelegenheit des verschiedenen Königs Bhumibol Adulyadej war. Ein Hoch auf den König, denn das Straßennetz Thailands ist wirklich super. Wenn ich daran denke, dass meine Stadtväter es schon als verkehrstechnische Errungenschaft ansehen, wenn man Fahrradsymbole und Ladezonen auf der Wolbeckerstraße aufbringt, sich dann auch noch dafür Social Media-mäßig feiert . . .

Von den gefluteten Reisfeldern wabert schwüle Hitze über die Straße, dass uns der Schweiß - trotz Fahrtwind - sämtlich Klamotten durchnäßt. Vor ein paar Tagen hatten wir diesen Effekt schon mal nach einem Regenguss. Die aufgeheizte Straße ließ das Regenwasser verdampfen und wir hatten das Gefühl, dass wir mitten in einer chinesischen Großheißmangel parken.

Je näher wir Bangkok kommen, um so dichter wird der Verkehr und das Straßennetz wird feinmaschiger. Wie wir mit unserem Bangkokbesuch umgehen, wissen wir noch nicht. Das liegt ja förmlich um die Ecke. Aber die Autobahnen, die in die Stadt führen, dürfen wir nicht befahren. Da die Autobahnen hier mautpflichtig sind, wird der einfache Bangkoker sie meiden und folglich die Schnellstraßen benutzen. Das müssten wir auch und die angesagten Staus in Bangkok sind bekanntermaßen schlimmer als in Jakarta oder am Karmener Kreuz. All das werden wir in den kommenden Tage organisieren. Wir sind etwa 1200 Kilometer in den vergangenen Tagen gefahren, hatten viel Input und müssen unsere Eindrücke mal sacken lassen. Für 4 Tage bleiben wir im Hotel in Ayutthaya. Hier gibt es genügend historische Artefakte zum Bestaunen, unsere Klamotten müssen mal gesammelt in die Wäsche und etwas durchatmen tut auch gut. Leider ist das Hotel wieder hässlich, was soll ich sagen. Bonne nuit folks.






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1 Comment


Marc Luetjens
Marc Luetjens
Oct 27, 2023

KI hilft den Faulenzern:

Ayutthaya ist eine historische Stadt in Thailand, die für ihre alten Tempel, Paläste und Ruinen bekannt ist. Es war einst die Hauptstadt des Königreichs Ayutthaya, das vom 14. bis zum 18. Jahrhundert existierte.

Einige der besten Sehenswürdigkeiten in Ayutthaya sind:

  • Der Sommerpalast Bang Pa In, der eine Mischung aus thailändischer, chinesischer und europäischer Architektur zeigt. Der Palast wurde ursprünglich im 17. Jahrhundert erbaut und später von König Rama IV. restauriert. Er ist von einem schönen Garten und einem künstlichen See umgeben.

  • Der Geschichtspark Ayutthaya, der die Überreste der alten Stadtmauern, Tore, Türme und Tempel umfasst. Hier können Sie einige der berühmtesten Tempel von Ayutthaya besichtigen, wie den Wat Phra Si Sanphet, den Wat Mahathat und den…

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