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AutorenbildIngo

Palmöl, Polizei und das kleine grüne Teehaus . . .

21 August 2023 Von Ipuh nach Tapan

KM 2973


Nun ja, was soll ich sagen? Meines Wissens nach hat Aristoteles mal gesagt, "Nur ein dummer Mensch revidiert seine Fehler nicht!" Oder war es Platon? Kant? Konfuzius? Walt Disney? Der Miele Kalender mit Sonntagssprüchen? Keine Ahnung, aber irgendeiner mit langem, weißen und weisen Bart war wohl Denker dieser Zeilen, vielleicht auch Albus Dumbledore. Natürlich bin ich ein Volltrottel, wenn ich meine gestrige Berichterstattung aus dem heutigen Blickwinkel sehe. Hier wurde natürlich nix nach einem Tsunami aufgeforstet oder Terrassen für noch mehr Tee angelegt. Es sind alles Ölpalmen! Wir sind an keinem Wald entlang gefahren, sondern an einer gigantischen Plantage für den Basisstoff unzähliger, global vertriebener, Produkte . . .

Aber immer hübsch der Reihe nach. Heute morgen regnet es, jawohl. Also, es gießt, wenn wir ehrlich sind. Und das an Annis 29. Geburtstag. Die Bergziege steht vor dem Hotel und bekommet eine unfreiwillige Dusche, was aber auch gleichzeitig bedeutet, dass wir beim Packen klitschnass werden. Wir warten. Haben aber heute 170 Kilometer vor der Brust, Straßenzustand und Hotelsituation unklar. Vielleicht hier eine kurze Anmerkung zur Route. Sumatra ist ziemlich groß, doppelt so groß wie Java und viele für uns interessante Sachen sind im mittleren bis nördlichen Teil der Insel zu finden. Daher ist unser nächstes Etappenziel Padang, von dem wir jetzt nur noch 202 Kilometer entfernt sind. Daraus ergibt sich, dass wir immer 3-4 Tage unterschiedliche Motorradstrecken zurücklegen müssen. Aber morgen, so hoffen wir, erreichen wir am frühen Abend Padang, ein schönes Hotel haben wir schon gebucht.

Regentechnisch sind wir heute also mit zeitlichem Verzug auf der Bahn und auch ohne Geburtstagsfrühstück, was mir für Anni leid tut. Aber die super Straßenverhältnisse von gestern schließen sich heute nahtlos an, ausser, dass die Fahrbahn streckenweise glatt wie Schmierseife ist. Die massigen Laster transportieren Unmengen roten Lehm auf die Fahrbahnoberfläche, dass man einfach langsamer fahren muss, damit in den Kurven das Hinterrad der Bergziege nicht "wegschmiert". Nach zwei Stunden finden wir Arvis Café und halten an. Es gibt ein super Mi Goreng zum Frühstück, Kopie Susu und einen unglaublich guten Mangosaft. Inzwischen ist uns aufgefallen, nachdem wir wieder 2 Stunden an einer endlosen Palmenbewaldung entlang gefahren sind, dass es wohl alles Palmölpflanzen sind. Dazu kommen ungefähr 1000 Laster jeden Formats, die heute auf der Bahn unterwegs sind, bis unter Achseln mit Palmfrüchten beladen. Indonesien produziert ca. 45 Millionen Tonnen Palmöl pro Jahr. Zusammen mit Malaysia

produziert Indonesien etwa 85% der weltweiten 73 Millionen Tonnen Plamöl. Für uns war die Plantagensituation nicht ganz ersichtlich, da es vegetativ ziemlich zugewachsene Palmenwälder waren. Außerdem kannte ich nur Bilder aus der Anfangszeit der Palmölgewinnung und da waren die Palmen wesentlich kleiner und natürlich so in Reih und Glied angepflanzt, dass es offenkundig einen landwirtschaftlichen Zweck hatte. In einem Dorf war bestimmt eine Ölmühle, denn dort stauten sich Schlangen an schwerbeladenen LKWs. Das erklärt natürlich auch, warum die Straße so hervorragend bis nach Mukomuko ausgebaut ist. Da es in allen möglichen Nahrungsmittelnitteln, in Afrika und Asien als Speisefett und auch in Waschmitteln oder der Kosmetikindustrie Verwendung findet, beantworten sich ziemlich viele unserer Fragen. Als wir losfuhren, unmittelbar hinter Ipuh, passieren wir Dörfer, in den riesige Villen stehen oder gerade gebaut werden, wir aber gar nicht den Wohlstandsgrund dafür ausmachen können. Gut, das Gehirn ist vielleicht einfach etwas eingerostet oder aber man hat nach dem vielen Mi Goreng einfach ein bißchen ein Brett vor dem Kopf.

Während wir uns da so unserer Ölpalmenerleuchtung hingeben und an unserem Mangosaft schlürfen, versteift sich Anni, denn zwei schwer bewaffnete Polizisten sind angekommen und betreten das Café. Sie grüßen schüchtern herüber, legen ihre Maschinenpistolen auf den Tisch, bestellen irgendetwas und nehmen uns gegenüber Platz. Beide sehen aus wie Anfang 20 und die Lässigkeit mit der sie die Maschinenpistole handhaben, macht mich etwas unruhig. Nicht nur hier in Indonesien, so überall. Dann steht einer der beiden auf und holt sich die Gitarre, die an der Wand des Cafés hängt und beginnt auf der Klampfe rumzuzupfen. Wir schauen uns an, denn die Geräuschkulisse ist sehr differenziert zu betrachten: Draußen ballern die LKWs mit unverminderter Geschwindigkeit vorbei und da das Café direkt am Straßenrand und einer Steigung liegt, treten alle ordentlich aufs Gas, was zur Folge hat, dass ausser dem Motorenlärm auch noch jeweils eine schwarze Abgaswolke zu uns reindieselt. Außerdem läuft noch laute Musik im Café und nun jodelt auch noch das zarte Stimmchen eines schwerbewaffneten,

postpubertierenden Jungpolizisten dazwischen. Läuft! Aber wir wollen eh gerade gehen, haben schon die Jacke an, da springen sie auf, "Bolleh Foto?" Also gut, sie kommen mit auf das Geburtstagsfoto. Die Belegschaft des Cafés wird dann auch noch verewigt . . .

Gegen Mittag klart es auf und die Bewölkung verzieht sich langsam. Trotz der Bewölkung ist es ziemlich heiß, 35 Grad und Windstille. Etwa 20 Kilometer vor Mukomuko verläuft die Straße wieder parallel zum Meer und mit dem wenigen Verkehr schaffen wir sogar locker die gesamten 120 Pferchen der Bergziege an den Boden zubekommen, sehr zum Erstaunen der ganzen Autofahrer (Mit Tempo 70 gilt man hier als gaskranker Psychopath!). Mukomuko hat einen Hafen und einen Flughafen. Der Hafen verschifft sicherlich Palmöle und der Flughafen bringt die Firmeninhaber. Flughafen ist natürlich etwas hochgegriffen, es ist mehr so eine Graspiste, die ausschließlich Air America Piloten glücklich machen würde. Hinter dem Flughafen ist es schlagartig mit dem guten Teer vorbei und die Schlaglochrally geht wieder los. Aber wir haben nur noch 50 Kilometer bis Tapan auf der Uhr. Die Situation ist nicht mal Ansatz so wie gestern und nach ein paar Kilometern läuft es wieder rund.

Jetzt ist der Moment gekommen, wo wir über Holzhäuser auf Sumatra sprechen m müssen. Im Gegensatz zu Java haben die Dörfer auf Sumatra viel weniger Einwohner und da die Insel einfach viel größer ist, ist hier auch viel mehr Platz um die Häuser. Eigentlich gibt es nur selten mehrstöckige Häuser und wenn, sind das eher Bauten neumodischer Kaufleute oder größere Palmölspeicher. Der Indonesier wohnt in einem ein- oder maximal zweistöckigen Haus. Aus Beton oder aus Holz. Beiden Typen ist gemein, dass sie etliche Vordächer haben, damit man genügend Schatten hat. Da das Leben, wie eigentlich überall in den Tropen, draußen stattfindet, ist ein schattenspendendes Vordach unverzichtbar. Dazu haben die alten Holzhäuser sehr schöne Laubsägearbeiten an den Dachfirsten oder auch als Verblendungen. Mal sind sie bunt bemalt, mal hat die raue Witterung das Holz grau gefärbt. Aber wir finden sie wunderschön!


Je weiter wir nach Norden kommen, umso mehr verändern sich die Dachformen. Im nördlichen Sumatra orientierten sich die Dächer Jahrhunderte lang an Büffelhörnern. Hier und da findet man schon davon Anklänge im Raum um Tapan. Wir haben eben ein Eingangstor zu einem Stadtviertel passiert, dass ebenfalls schon ein stilisiertes Büffelhorndach hat. Auch das findet man übrigens häufig in Asien - jedes Stadtviertel hat sein eigenes Tor. Also so im übertragenen Sinne! in Vietnam ist das in größeren Städten sehr häufig zu finden. das hier ist auf jeden Fall sehr eindrucksvoll!

Unser Hotel liegt ziemlich weit draußen, also hinter Tapan. Für uns super, denn so müssen wir morgen früh nicht mehr durch die City und die Roller-Rush-Hour. Tapan liegt im Vulkanland, die 2600 Meter hoch Spitze des Mt. Raya lag bisher im Wolkendunst, zumindest als wir auf Tapan zufahren Auch beim Abendessen ist der Gipfel immer noch wolkenverhangen. Zum Abend-

essen begeben wir uns ein wenig auf Wanderung. Nach dem vielen Sitzen auf dem Motorrad, tut es gut, die Muskeln wieder etwas zu beanspruchen. So latschen wir, von unzähligen Augenpaaren stierend verfolgt, in Richtung Tapan, auf der Suche nach einer Cocktailbar, wo wir Annis Geburtstag gebührend feiern können. Unsere Wahl fällt auf ein kleines, grünes Teehaus. Die Bezeichnung entstammt natürlich meinem Hang zur Reiseromantik, denn der Schuppen ist - wie wir erstaunt erfahren - 24 Std. geöffnet. Aber die Dame des Hauses ist super nett, die Kommunikation läuft über den digitalen Übersetzer und die Englischkenntnisse der Tochter

Es ist wirklich sehr, sehr nett bei der Dame, das Essen lecker und an Stelle eines Geburtstagskuchens gibt es einen Schokoriegel - und natürlich einen Selfiemarathon. Wir werden auf jeden Fall dort morgen frühstücken! Bonne nuit folks.






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1 Comment


marc.luetjens
Aug 22, 2023

KI erklärt das Matriachat:

Die traditionelle Bauweise auf Sumatra ist sehr vielfältig und hängt von der Ethnie ab. Eine der bekanntesten Ethnien auf Sumatra sind die Minangkabau. Sie haben eine matrilineare und matrilokale Kultur und ihre traditionellen Häuser heißen “Rumah Gadang” (großes Haus). Diese Häuser haben ein spitzes Dach und sind aus Holz gebaut. Die Wände sind mit Schnitzereien verziert und das Dach ist mit Stroh gedeckt. Die Häuser haben eine offene Bauweise und sind so konstruiert, dass sie gut belüftet sind.

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