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AutorenbildIngo

Hotelrandale und Trockenfisch . . .

Aktualisiert: 20. Aug. 2023

19. August 2023 - Von Manna nach Bengkulu

KM 2642


Und dann viel der Schrank um! Ganz langsam! Einfach so. Na ja, vielleicht doch nicht ganz einfach so . . .

Das Grand Hotel Seven One wird uns immer in Erinnerung bleiben. Wir hatten gestern Abend wieder mal Wäsche gewaschen, wie eigentlich jeden Abend. Leider ist man in Asien mit Haken oder Kleiderbügeln oder Kleiderstangen sehr sparsam. Alle drei Komponenten tauchen eigentlich gemeinsam nie auf. Immer entweder oder! Aber das Grand Hotel Seven One in Manna hatte nix dergleichen und wo soll man nun die frisch gewaschene Wäsche hinhängen? Für gewöhnlich drehe ich in Asien immer einfach ein paar mitgebrachte Haken in die Wand und mit diversen Spanngurten hat man eine prima Wäscheleine. Das darf ich aber nicht mehr, seit Myanmar, glaube ich. Also, der kreative Geist öffnet die Schranktür, prüft die Stabilität der darin befindlichen Kleiderstange und kommt zu dem Ergebnis, dass das nicht geht. Weil es nicht mal Ikea-Leichtbauweise ist, sondern noch leichter. Nun, dann wird der Spanngurt eben im Türspalt unterhalb der geschraubten Scharniere durchgezogen und am Automatikriegel der Zimmertür angewedelt - gibt satte 5 Meter Wäscheleine. Alles aufgehängt, supi, und auf zum Seafood Restaurant . . .

Nun, nach dem Abendessen sitze ich auf dem Bett und tippe, als Anni die iPads von der Bergziege holt und beim Reinkommen hat es wohl zuviel Bewegung an meiner Konstruktion gegeben . . . Hier werden keine Schuldzuweisungen gemacht! Das verbitte ich mir. Auf jeden Fall, egal warum und wieso, fällt der Schrank mit lautem Getöse nach vorn und kracht dabei richtiggehend auf den Rahmen des französischen Doppelbettes aus indonesischem Weichholz. Eine 10cm x 5cm große, weithin sichtbare Einkerbung ziert jetzt als dekoratives Element das Bett von Zimmer 20. Wir richten den Schrank auf und nachdem der Staub abgezogen ist, stellen wir fest, dass der Rahmen zusätzlich auch noch einen 50 cm langen Riss hat. Die Frage lautet nun, was machen wir? Nichts, meine Meinung, kenne Asien, es wird niemanden tangieren, auch nicht im Grand Hotel Seven One. Anni macht ein Gesicht, wir müssen es melden. Die Stimmung ist leicht gereizt. Eigentlich hatte ich noch etwas Aufmunterndes sagen wollen, wie "das ist ein situatives Actionsculpturing", aber da ich bestimmt wieder geboxt werde für diesen Stimmungkracher, halte ich den Mund. Und halte am folgenden Morgen den Kopf für die volle Verantwortung dieser möbeltechnischen Katastrophe hin. Die Hausdame Sam, lächelt und sagt, "is ok!" Anni versteht die Welt nicht mehr, hat die Geldbörse gezückt, doch Sam lächelt und wiederholt, "is ok! No Problem!" Ich will mich ja jetzt nicht loben, aber alles ist genauso gelaufen, wie ich es vorausgesagt habe . . . "Problem yok", wie mein türkischer Basarhändler usw . . .

Frühstück, auf die Bergziege und auf nach Bengkulu. Bengkulu galt, übrigens bis in die 1970er Jahre, als abgelegenster Ort Indonesiens, der nur per Schiff erreichbar war. Wegen der fehlenden Straßen. Damit wären wir beim Thema, denn schließlich scheint man dann in den 70ern doch Straßen gebaut zu haben, an denen seither aber nur, sagen wir mal vorsichtig, leichte Ausbesserungen vorgenommen wurden. Der Ritt nach Bengkulu, was 1685 aus einem - wie kann es anders sein - niederländischen Handelsposten names Bengcoolen, hervorging, war echt anstrengend. Heute war der Höhepunkt des Schlaglochdesigns, jawohl. Heute hatten wir sie alle und ich verstehe, warum Bengkulu nicht erreichbar war, keine Frage. Runde, eckige, tiefe, flache, längliche, auffällige, unauffällige, geschotterte, ausgesandete, notdürftig geflickte, gemeine und hinterlistige Schlaglöcher pflastern den Weg nach Bengkulu. Ich hatte heute zwei absolute Favoriten: Neu war für mich das längliche Schlagloch in Fahrtrichtung, was offenkundig durch Scherbewegungen in frischem Teer auf altem, ausgehärtetem Teer entstanden sein muss. Einen halben Meter lang, in Fahrtrichtung - versteht sich, Herausforderung muss sein - und gut 30 cm breit und bis zu 10 cm tief! Also genau das Maß, dass auch das Vorderrad und das Hinterrad der Bergziege voll reinschlagen in das längliche Loch! Gott sei dank habe ich sie immer früh genug wahrgenommen und umschiffen können. Außerdem hat mir besonders gut gefallen, dass es in der frischen, also neuen, dunkel-schwarzen, Teerdecke, bereits Sacker gegeben hat, die man grob mit irgendeinem Reparaturteer aufgeworfen hat, sodass ein jetzt ein Teerhügel entstehen konnte. Teertektonik, sozusagen! Wenn man also erst durch ein tiefes Schlagloch ballert bekommt man einen Bandscheibenvorfall und anschließend wird man abgeworfen, weil man über eine kantige Erhöhung hopst . . . War wirklich spannend und über die Brücken will ich heute gar nichts sagen. Aber wir sind heil im abgelegensten Ort Indonesiens angekommen. Und das sogar recht früh, wir haben schon um 12:45 Uhr ins Sina Sport Hotel eingecheckt. Zur Info für den geneigten Leser, das Zimmer hat nur einen Wandschrank.



Heute hatten wir Zeit und es gab auch Gelegenheit für Kultur. Denn das 1714 gebaute Fort Marlborough steht noch und wir lassen es uns 5000 IR (30 Cent) kosten dieses militärhistorische Kleinod zu bestaunen. Flache, sternförmig angelegte Wehrgänge, etliche Kanonen Richtung Meer, Pferdestallungen und ein paar, sagen wir mal, sehr schlichte Unterkünfte. Gott, die armen Kerle, die hier ihren Militärdienst für die Niederländer, dann für die Engländer und ab 1825 wieder für die Niederländer versehen mussten. Mir läuft das Wasser nur so runter. Heute Nacht muss es vielerorts hier geregnet haben, überall auf dem Weg nach Bengkulu waren Pfützen. Heute ist es bedeckt und drückend, 34 Grad, sehr heißer Wind, also schwitze ich. Aber die Jungs hier hatten keine AC abends im Hotel und es dauerte auch zwei Jahre, um mit dem Schiff von Batavia nach Holland zu kommen und von Batavia nach Bengcoolen bestimmt auch nochmal einige Monate . . .

Bengkulu ist eine größere Provinzstadt und seit 1949 gehört das Umland als Provinz auch zur Verwaltung von Bengkulu. In diese Stadt wurde übrigens auch der Staatsgründer Sukarno verbannt, bevor er Präsident wurde. Das sagt schon einiges aus. Wir laufen vom Hotel die 2,5 Km bis zum Fort Marlborough. In den kleinen Gassen stehen schöne alte indonesische Holzhäuser. Die Menschen hier sind wieder mal so umwerfend freundlich und herzig, dass wir kaum voran kommen, denn alle eilen an ihr "Gartentor" und wollen mit uns sprechen. "Hello Mister, hello Mister", ist meistens der Auftakt zu irgendeiner Form von Kommunikation, die meistens mit viel Lachen endet.

Die historische Belehrung im Fort Marlborough ist nicht so ergiebig, denn in den beiden Museumstrakten geht das Licht nicht und außerdem ist alles auf Indonesisch. Es bleibt also bei einem kurzen Rundgang und einem Blick auf Wikipedia, was uns auch nicht viel weiter bringt.

Erstaunlicherweise hatten Anni und ich, beide unabhängig von einander, den Eindruck, dass das Fort Marlborough sehr dem Fort Jesus in der Hafeneinfahrt von Mombasa ähnelt . . . Small world! Fort Marlborough liegt unmittelbar an der Küstenstraße und wir wandern durch dieses Viertel, scheint es doch mit der älteste Teil der Stadt zu sein. Was wirklich alt ist und nicht, können wir nicht genau eruieren, denn 2000 hat es ein Erdbeben mit der Stärke 7,9 gegeben, wobei vieles zerstört wurde und 117 Menschen starben.

Eingang zu diesem Teil der Stadt bekommt man durch ein großes Tor, das schon fast chinesisch anmutet. Anni meint sich zu erinnern, irgendwo gelesen zu haben, dass es in Bengkulu eine relativ große chinesische Community gegeben hat oder immer noch gibt. Daher sind die Drachen, die sich um den Torbogen schlängeln auch nicht weiter verwunderlich.

Der durchdringende Geruch von Fisch zieht zwischen den wunderschönen alten Holzbauten her, sodass wir den Weg zur "Strandpromenade" problemlos finden. Entlang des Strandes reihen sich Trockenfischverkäufer aneinander. Trockenfisch geht nicht! Gar nicht. Der Geruch ist so durchdringend, dass man nicht weiß, ob man die Luft anhalten soll oder lieber tief durchatmen, damit die Röhre mal komplett aus geätzt wird. Wer mir jetzt Ignoranz an meinem Reiseetos vorwerfen möchte, kann das getrost tun, denn meine letzten Trockenfischerfahrungen in Laos haben gereicht! Nur noch um Mücken oder Fliegen abzulenken, sonst kommt mir Trockenfisch nicht auf den Tisch! Bonne nuit folks.




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