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AutorenbildIngo

Götter, Gräber und Gelehrte . . .

13. Dezember 2023 - Angkor Tempelbezirk

KM 14168


Der Bayon, das Herzstück von Angkor Thom, ist ein ganz besonderer Ort. Vermutlich nicht nur für mich, sondern auch für die meisten Besucher. Zumindest entnimmt man das den Reaktionen, wenn man einfach nur am Rand sitzt und die Besucher aus ihren Tuktuks oder Bussen steigen sieht. Sprachlosigkeit ist ein oft begleitendes Phänomen, im Anblick dieser Türme, mit ihren steinernen still lächelnden Buddhagesichtern. Außer vielleicht den zahllosen chinesischen Reisegruppen, die in etwa den Geräuschpegel einer Truthahnfarm aussenden.



Dabei ist es keineswegs einfach, diesen Tempel in seinen Dimensionen zu erfassen. Dabei meine ich nicht die Größe, sondern die Flächen und ihre Textur. Die Lage des Tempels, tief im Wald, hat natürlich auch zur Folge, dass der weiche, graubraune Sandstein mit allerlei graugrüner Flechten überzogen ist und außerdem sehr stark geschwärzt ist. Dazu kommt durch das Muster der Steine, unendlich viele vertikale und horizontale Linierungen. Für das Auge ist es erst einmal schwer, Klarheit in das Texturdurcheinander zu bekommen. Wenn man jenseits des Wassergrabens steht, ist der untere Bereich von Säulen und Stelen geprägt, der Obere durch ein wirres, graugrünes "Pixelbild" von unterschiedlichen zusammengesetzten



Helligkeitsstufen. Der Fakt, dass man den Tempel visuell nicht sofort begreift, die Lage im Wald und dass er eigentlich nicht so riesige Ausdehnungen hat, führen zu seinem mystisch-verwunschenen Charakter.

Der Bayon ist ein Trockenmauertempel aus Sandstein und wurde im späten 12. oder frühen 13. Jahrhundert als (letzter) Staatstempel von König Jayavarman VII. erbaut und steht im Zentrum von Jayavarmans Hauptstadt Angkor Thom. Der Bayon ist der einzige "angkorianische" Staatstempel, der eigentlich ausschließlich zur Verehrung Buddhas gebaut wurde. Jawohl, das musste mal erwähnt werden. Obwohl - ursprünglich war der Bayon ein Hindu-Tempel, Na so was! Aber, nun gut, wollen wir mal nicht so kleinlich sein. Immerhin ist diese herzige Anlage das Herzstück der umfangreichen Buddelei von Jayavaraman, ähhh - ne, der heißt Jayavarman VII. Er ist übrigens der Sohn von Dharanindravarman II., diesen tollen Namen möchte ich dem geneigten Leser auch nicht vorenthalten!!! Man kann sich ruhig die Zeit nehmen und den Namen ganz langsam laut vorlesen, einfach mehrfach machen. Aber zurück zu Jayavarmans VII Bautätigkeit in Angkor Thom. Zu dieser Anlage gehören natürlich noch etliche andere Teile, besonders auch die Stadttore mit ihren "Nagabrücken" (davon kommen noch Bilder!).



Nun müssen wir mal über die Gesichter sprechen. Die sind von weiterer Entfernung tatsächlich nicht gut zu erkennen, was bei meinem ersten Besuch noch der Fall war. Da sich die Steingesichter sich auch aus einzelnen bearbeiteten Sandsteinen zusammensetzen, führt, wie bereits erwähnt, u. a. das "Mauerfugenbild" zu visueller Unruhe und damit zum schweren Erkennen auf Entfernung. Aber zum schlechten Zustand der Anlage komme ich später. Auf der oberen Terrasse befinden sich die „Gesichtstürme“ des Bayon, von denen jeder zwei, drei oder auch vier riesige lächelnde Gesichter trägt. Neben der Masse des zentralen Turms befinden sich kleinere Türme entlang der inneren Galerie und an Seitenviharnen auf der oberen Terrasse. Aber, wie viele Gesichter es nun wirklich sind, ist schwer zu ermitteln. Aus der Anzahl der Türme und Fassaden eine Anzahl der Gesichter abzuleiten, scheitert wohl daran, dass diese im



Laufe der Zeit nicht konstant geblieben sind. Der ein oder andere Turm konnte da schon mal den Bauarbeiten zu Opfer fallen, ging durch Abnutzung verloren - Sandstein halt - oder wurde von Naturkatastrophen pulverisiert. Wer weiß das schon? Man denkt, dass der Tempel ungefähr 49 solcher Türme hatte. Davon sind heute sind nur noch 37 erhalten, hab ich zumindest gelesen! Die Zahl der Gesichter beträgt derzeit etwa 200, von denen einige jedoch nur teilweise erhalten sind. Ob man halbe oder viertel Gesichter dann mitzählen kann, weiß ich nicht . . .

Also, nichts genaues weiß man nicht. Viel wichtiger scheint mir auch die Frage zu sein, wer ist denn da mindestens 200 mal in Stein gemeißelt oder gemauert worden?



Die Ähnlichkeit der vielen gigantischen Gesichter auf den Türmen des Bayons, mit anderen Statuen des Tempels hat einen, zumindest sehr großen Teil der ortsansässigen Wissenden zu dem Schluss geführt, dass es sich bei den Gesichtern um Porträts von Jayavarman VII. selbst handelt. Eitelkeit, ick hör dir trabsen! Jetzt hat man natürlich kein Paßbild von dem guten Jaya Nr. 7, also hat man in der Kartei gekramt und eine Büste zutage gefunden. Ob das jetzt einer



kriminalistischen Untersuchung standhält, weiß ich nicht. Also, bei so einem visueller Vergleich, da würde ich mich schon der Expertenmeinung anschließen wollen. Besonders das wissende

Lächeln und die friedvolle Ausstrahlung, könne ein Hinweis darauf sein, Auch der ordentlich knollige Zinken, der schon beim ein oder anderen westfälichen Landwirt Neidgefühle erzeugen würde, ist da wohl ein überzeugender Indikator. Sind wir doch mal ehrlich, wenn ich, als künstlernder Khmersteinmetzt da so einen Gesichter-Großauftrag an Land ziehe und soll einfach nur einen idealisierten Bodhisattva in Stein dengeln, dann bin ich doch beim Nasentypus etwas aufmerksamer, oder? Aber, ich bin da ja nur Laie, scheint mehr was für YX-Aktenzeichen und Eduard Zimmermann zu sein. Obwohl das bestimmt schon als Super Cold Case durch geht!



Nun gehen wir also mal einen Moment davon aus, dass es sich um Good Old Jaya, Nr. 7 handelt, wen wollte er denn darstellen? Super clevere Historiker gehen davon aus - es ist nur eine Theorie wohlbemerkt - dass die Gesichter dem Bodhisattva des Mitgefühls namens Avalokitesvara oder Lokesvara (ach so, der!) gehören. Aha, so so! Jetzt haben wir aber ein ziemlich großes Problem. Wie sagt der Engländer, "here comes the piece of cake: Einheimische Buddhisten haben immer noch die begründete Sorge, dass der Tempel für Lord Brahma und nicht für den Erleuchteten gebaut wurde! Aha, so so? Begründung: Buddha hatte keine drei Augen, aber bei etlichen Steingesichtern ist ein drittes Auge eingraviert. Der Gott mit den drei Augen ist aber Lord Shiva, der als „Gott der Zerstörung“ bekannt ist und eine der drei mächtigen Gottheiten im hinduistischen Pantheon ist – Brahma, Vishnu, Maheshwara (Lord Shiva). Vertrackte Sache, zugegeben. Buddha-Statuen tragen selten Schmuck wie Halsketten, große Ohrringe und eine Krone. Krönchen kann man eindeutig identifizieren, die meisten Ohren sind abgefallen, da muss ich dem geneigten Leser den wissenschaftlichen Beweis schuldig bleiben! Argumentation ist, dass die in vier Richtungen angeordneten Gesichter denen von Brahma ähneln. Ich sach´ja, Probleme! Nun muss man sich ja nicht gleich gegenseitig an die Gurgel gehen, denn eins ist klar, unser Jaya Nr. 7. war völlig davon überzeugt, dass er ein Gottkönig sei, was wohl bei den Khmer-Monarchen Tradition hatte. Unterschied war, dass seine Vorgänger Hindus waren und sich als wesensgleich mit Brahma betrachteten und seinem Symbol der vier Gesichter. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern war der gute Jaya Nr. 7 halt Buddhist. Also, da es keinen youtube clip von Jaya gibt, oder wenigstens ein paar zünftige Instaposts, weiß man nichts genaues nicht!



Wir schleichen also in diesem, geschichtsträchtigen alten Gemäuer umher und zu meinem großen Entsetzen, können wir nicht auf die dritte Ebene. Die ist wegen Restaurierungsarbeiten geschlossen. Sehr schade für Annika, das bekümmert mich etwas, weil ich ihr erstens, immer von der Stimmung, besonders in den frühen Morgenstunden vorgeschwärmt habe und zweitens ist die dritte Ebene, mit dem unmittelbaren Vis a vis zu den Steingesichtern, sehr eindrucksvoll. Aber der Tempel ist wirklich in extrem schlechten Zustand. Überall sind Baustützen eingezogen, da Einsturzgefahr droht. Ich habe gelesen, dass besonders Vibrationen und die damit



einhergehenden Scherbewegungen des Untergrundes schon das Trockenmauerwerk stark schädigen. Als ich vor über 20 Jahren das erste Mal in Angkor war, habe ich im Reiseführer gelesen, dass von den 50 US$ Eindritt p. P., nur ein einstelliger Betrag (war sehr gering, weiß ich aber nicht mehr genau) für die Konservierung der Bauwerke verwendet wurde. Der Rest der Kohle ging an die administrierende Firma, namens Sokimex. Sokimex ist eine Tankstellenkette, die heute noch existiert und damals im überwiegenden Besitzt des damaligen Präsidenten war. Wie war das mit der trabsenden Nachtigall. Fast alle Bauwerke, die wir in den



vergangenen Tagen besucht haben, weisen die selben bautechnischen Probleme auf. Trockenmauerwerk, das tatsächlich teilweise mit einer Art Reiskleber zur Haftung gebracht wurde, reagiert extrem sensibel auf Vibration des Untergrundes oder auch - man höre und staune - auf heftige Winde. Da in den vergangenen 20 Jahren die Stadt Siem Reap förmlich direkt an den Tempelkomplex Angkor herangebaut wurde, sind Erschütterungen und



Vibrationen im Boden sicherlich kein ungewöhnliches Phänomen. Was mich aber immer stutzig macht, ist, dass man doch um die Vibrations- und Witterungsproblematiken bei weichem Sandstein hätte wissen müssen. Nun muss alles ultraaufwendigst restauriert werden. Eigentlich sollte die Konservierung des Bayons, laut Infotafel, schon bis 2022 abgeschlossen sein, aber vermutlich ist coronabedingt, der Zeitplan in Verzug geraten.

Trotz der bautechnischen Sideeffects, ist der Besuch dieses Tempels immer wieder toll, letztendlich muss ich leise schmunzeln, wenn ich über die allgemeine Ungewissheit bezüglich der friedlich und harmonisch lächelnden "Gottesgesichtsreliefs" nachdenke. Aber ich bin halt auch kein Buddhist. Bonne nuit folks!




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1 comentário


Marc Luetjens
Marc Luetjens
14 de dez. de 2023

KI hat sich auch Gedanken gemacht wer in Stein abgebildet wurde: Anker Tom war ein Seemann, der die Welt bereiste. Er liebte das Meer und die Abenteuer, die es ihm bot. Er hatte einen treuen Begleiter, einen Papagei namens Koko, der immer auf seiner Schulter saß und lustige Sprüche von sich gab. Eines Tages landete Anker Tom auf einer Insel, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Er war neugierig, was sich dort verbergen könnte, und beschloss, sie zu erkunden. Er nahm Koko mit und machte sich auf den Weg. Er fand einen dichten Dschungel vor, der von exotischen Pflanzen und Tieren wimmelte. Er hörte das Rauschen eines Flusses und folgte ihm. Er kam zu einer großen Steinmauer, die mit seltsam…

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