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AutorenbildIngo

Die Augen leuchten wieder . . .

22. Dezember 2023 - Phnom Penh

KM 14892


Durch die Gassen von Phnom Penh weht kühler Wind. Nicht im übertragenem Sinne, sonders im wahrsten Sinne des Wortes. Eigentlich sind es 33 Grad, doch der Wind kühlt die Stadt auf südeuropäischen Sommer runter. Sehr angenehm, denn wir stehen die meiste Zeit im Stau. Wir sind auf dem Weg zur BMW-Vertretung, da wir das defekte Kabel für den rechten Zusatzscheinwerfer tauschen wollen und sehen, ob wir einen neuen Spritzschutz bekommen. Wie bereits erwähnt, ist der Spritzschutz nicht notwendig, zwangsweise. Es sei denn, der Pilot möchte verhindern, dass die Passagiere in der ersten Klasse, permanent in aufwirbelndem Straßenstaub sitzen - dunkelrotem Straßenstaub. Ich weiß, ich weiß - im Zuge eines raffinierten Planes, hat Anni eine dunkelrote Mopedjacke bekommen. Dennoch führt, am Ende eines Etappentages, leichtes Abklopfen, auch gleichfarbiger Motorradjacken, zu unangenehmer Staubwolkenbildung. Außerdem könnte es ja sein, dass es doch mal regnet. Ich weiß, in Anbetracht der wolkenlosen Himmelsansichten, die ich ständig poste, ein eher unwahrscheinlicher Fall. Wenn sich aber der Sand, gebunden mit Regenwasser, in eine pastöse Form bringt, würde der Spritzschutz - englisch mudguard - an dieser Stelle schon zur entspannteren Kommunikation zwischen Pilot und Passagier führen.



     Die Fahrt durch Phnom Penh ist durchaus interessant. Der Verkehr fließt grundsätzlich wesentlich langsamer, als in Jakarta, ist aber mindestens ebenso unberechenbar. Meistens fahren alle 20-30 Km/h, was eine relativ entspannte Fahrt ermöglicht. Die BMW-Vertretung liegt etwa 6 Kilometer vom Zentrum entfernt. Immer wieder staut sich der Verkehr, weil Autofahrern rechts außen, wohl in letzter Sekunde einfällt, dass sie links abbiegen wollen. Dann muss man quer über drei Geradeausspuren kreuzen. Hält auf. Übrigens gibt es nur zwei ausgewiesene, also markierte, Fahrbahnen in jede Richtung, was aber nicht heißt, dass man nicht drei Spuren daraus machen kann. Wen interessieren schon Fahrbahnmarkierungen.

Theoretisch hat die BMW Vertretung eine Motorradabteilung - wird im Sommer 24 in Betrieb genommen. Aha, so so. Aber der überaus nette Filialleiter recherchiert ein wenig und findet eine Werkstatt, die auf BMW GS Motorräder spezialisiert ist. Ich bin ein bißchen erstaunt. Wenn ich doch Filialleiter einer BMW-Vertretung bin und auf eine Motorradabteilungseröffnung spekuliere, dann weiß ich doch, wer in meiner Stadt die größte Werkstattkonkurenz ist, oder nicht? Zumal man häufig GS-Modelle mit kambodschanischem Kennzeichen in der Stadt sieht. Wer und wartet die alle? Wer customized die Maschinen alle? Wo kaufen die Kunden die Maschinen alle? Also mich würden diese Fragen als schon irgendwie interessieren.

Fragen über Fragen des Orients. Doch, er besorgt mir die Adresse seines zukünftigen Mitbewerbers und wir machen uns auf den Weg - quer durch Phnom Penh zu ICE123 Motorrad Shop. Der Laden heißt original so.



Das Navi führt uns durch Seitenstraßen, kleine Marktgassen, wobei ich insgeheim sehr bedaure, dass ich die Helmkamera abmontiert habe. Die Strecke ist mega spannend. Das wahre Gesicht Phnom Penhs, so viel ist mal sicher. Tuktuks drücken sich zwischen den engen Zufahrten der kleinen Wohnviertel hindurch und manches Mal bin ich mir nicht sicher, ob unsere Koffer noch an der Bergziege hängen, wenn wir dem Gegenverkehr und auch die nah stehenden Häuserwände, überlebt haben. Aber, das Navi ist sich sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Tatsächlich stehen wir 30 Minuten später, in einer unauffälligen Seitenstraße vor einem unbeschilderten Motorradshop, in dessen Innern heftigst an BMW-Maschinen geschraubt wird. Da wir ja im Land der personifizierten Dienstleistungen sind, wird die Bergziege in den Shop geschoben, zwei andere Kunden etwas vertröstet und der Mechaniker macht sich daran, die Liste abzuarbeiten.

Als wir Siem Reap verlassen, hat das Fernlicht seinen Geist aufgegeben. Nu´wird es eng auf den Straßen Kambodschas. Keine Zusatzscheinwerfer und kein Fernlicht. Wie soll ich denn ohne Lichthupe einen Überholvorgang ordnungsgemäß erzwingen? So nicht, mein Lieber!


Den Spritzschutz hat er nicht - unsere liebste englische Redewendung ins Asien kommt zum Einsatz: "No have!" Wird übrigens ungefähr wie "Same, same, but different" intoniert. Aha, so so. Und nu? Aber der Chef hat schon sein Telefon in der Hand und telefoniert sich von anderen Werkstätten die Teile zusammen - aus Thailand und aus Vietnam! Das nenne ich Kundenservice. In Thailand wird er fündig und bestellt den Spritzschutz. Der ist in 2-3 Tage da. Das Fernlicht wird ersetzt, dazu muss der Mechaniker erst einmal in den Baumarkt fahren, oder wo auch immer er hin verschwindet. Wir sitzen im Schatten, bekommen eisgekühltes Wasser und haben Zeit unseren weiteren Tag zu planen. Wir wollen unbedingt noch in die laotische Botschaft, denn es gibt nur einen Grenzübergang von Kambodscha nach Laos und der



nimmt keine eVisa. Flux ist der junge Mann mit der passenden Birne zurück und unser Lichthupen-Flakscheinwerfer ist erneut einsatzbereit. Nun fehlt nur noch der Zusatzscheinwerfer. Der geneigte Leser erinnert sich, das Kabel war im Stecker durchkorrodiert. Blöder Stelle, sozusagen. Natürlich gibt es bei BMW den Stecker nicht einzeln, widerspricht ja auch den Gelddruckmaximen der Ersatzteilsparte. Also müsste das ganze Kabel ausgetauscht werden, wofür der gesamte rechte Verkleidungsbereich abgenommen werden müsste, um die Teile des Kabelbaums freizulegen, durch den dieses Kabel läuft. Also greift der Mechaniker zum Lötkolben. Das korrodierte Stück wird abgeknipst, sauber verlötet und schwupps leuchten die Augen der Bergziege wieder in voller Pracht. Meine übrigens auch, denn auf den Landstraßen ist eine ausufernde Weihnachtsbaumbeleuchtung am Fahrzeug unerläßlich, wenn man die Aufmerksamkeit gestresster LKWpiloten bekommen möchte. Einfach nur mit Abblendlicht fahren, ist quasi unbeleuchtet.

Auf zur laotischen Botschaft. Die residiert in unserem Altstadtviertel und liegt nicht wirklich weit von unserem Hotel. Normalerweise ist es immer ein grandioser Sicherheitsakt in eine Botschaft oder ein Konsulat zu gelangen. Pass vorlegen, genaues Verhör, was denn wohl das Begehr sei und, und, und. Das Haupttor der Botschaft ist geschlossen und an der Seite der, etwas angeranzten, Gartenmauer, gibt es eine verspiegelte Glastür, die ein kopiertes, aber hochoffizielles Schild - Visa-Section - ziert. Kein Mensch steht vor der Tür, doch es ist 9 Minuten nach Öffnungszeit und so treten wir ein. Ein Raum, 2m x 5 m groß, an der langen Wand ein, in die Jahre gekommenes, Sofa und zwei Schalter auf (meiner) Bauchnabelhöhe. Der junge



Botschaftsmitarbeiter teilt uns in hervorragendem Englisch mit, dass wir bitte Visa on Arrival machen sollen. Wäre weniger Aufwand, als würden wir es hier in der Botschaft machen. Aha, so so. Und wie ist das mit dem eigenen Fahrzeug? Ganz einfach, da gibt es ein Zollformular, bitte ausfüllen - vor Ort. Aha, so so und weiter? Die Frage erstaunt ihn. "Nichts weiter", sagt er. "Das wars?" "Das wars!" Aha, so so. Tja, nun gut, dann sind wir klüger und stehen auch schon wieder vor der Tür. 4 Minuten 53 Sekunden, Rekord, so schnell war ich noch nie aus einer Visumsstelle wieder raus. Wunder über Wunder des Orients! Bonne nuit folks!




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2 Comments


Marc Luetjens
Marc Luetjens
Dec 22, 2023

Das Mutterhaus ruht und wartet auf Dich Dollyfahrer um neu zu erstrahlen (Anm.d.R.)

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Marc Luetjens
Marc Luetjens
Dec 22, 2023


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