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AutorenbildIngo

Der Affe auf dem Schleifstein . . .

20. Oktober 2023 - Von Phang Nga nach Ranong

KM 7139


Es sind noch 7,5 Kilometer bis zum Hotel in Ranong, als es uns so richtig erwischt. Den ganzen Tag mogeln wir uns an, um und drumherum, also, um alle düsteren Regen- und Gewitterwolken. Doch als wir bergab fliegen, kommt eine graue Regenwand auf uns zu. Die Konturen der Berge verschwinden förmlich in dieser graubraunen Wand aus Wasser. Die Straße ist kaum noch zu sehen. Ich bin rechts ran gefahren, um das Handy aus der Halterung zu nehmen, Tankrucksack regendicht verschließen, die Reißverschlüsse des Air-Flow-Systems zumachen, Taschen alle geschlossen, Visier runter. Dann ist sie auch schon da, die grauen Regenwand. Schlagartig

zerplatzen große, schwere Monsoonregentropfen auf meinem Visier, formen jegliche organische Formen, laufen am Helm runter und vermischen sich mit dem restlichen Sturzregen auf meiner Jacke, Hose und Handschuhen. Von den, vor uns fahrenden, Autos sehe ich zwischen den hohen Fontänen nur noch die Brems- und Rücklichter. Komme mir vor, als säße ich in einem psychedelischen Undergroundclub, hinter dessen Bar, auf einem riesigen Flatscreen, sich permanent verändernde neonrote organische Muster bilden. Aus dem Augenwinkel sehe ich verschwommen den Hinweis zum Ngao Wasserfall. Irre witzig, wir fahren gerade durch einen Wasserfall und am Straßenrand steht das übliche blaue Hinweisschild, Tourist Attraction - Ngao Waterfall, turn right!


Natürlich gibt es nirgendwo die Möglichkeit sich unter zu stellen. Warum auch, den ganzen Tag sehen wir eine Busstation nach der anderen und jetzt nicht mal das kleinste blöde Abdach. Heute morgen suchten wir eine Café-Box, da wir unsere Reifen nachpumpen mussten. In Thailand gibt es überall, na ja, fast überall, so kleine, würfelförmigen Kaffeestände, Marke Ich-AG und Eigenbau. Doch die bieten inzwischen eine schöne Palette Erfrischungen an. Aber, als wir gerne eine Box gehabt hätten, war elendig lange keine in Sicht. So werden wir nass, so richtig. Die Stiefel halten dicht und, außer an den Jackenaufschlägen auch meine Jacke. Das Windschild der Bergziege ist ziemlich hoch und daher bekomme ich das meiste nur an den Armen ab. Der meiste Regen geht an mir vorbei und trifft Anni. Blöde, und das bei einem Sitzplatz in der ersten Klasse. Vor unserem Hotel angekommen müssen wir feststellen, dass es in Ranong Downtown nicht geregnet hat - was soll ich sagen? So stehe ich da tropfend in der Lobby und werde etwas schräg angeschaut.

Gestärkt nach einem ausgiebigen Frühstück, also Golfer-Frühstück, auf der bescheidenen, kilometerlangen Terrasse des Katathgong Golf Resort & Spa, brechen wir in den sonnigen Morgen auf. Die Straße führt durch den Khao Lampi HatThai Muang Nationalpark. Die Berge, die unsere Route flankieren sind zwischen 300-500 Meter hoch. Die Sonne im Rücken, blauen Himmel voraus und eine kurvige Straße, was kann man mehr erwarten? Wir wollen heute bis Ranong fahren, was 231 Kilometer sind. Ranong liegt dem südlichsten Zipfel Myanmar direkt gegenüber. Hier ist Thailand nur durch die Mündung des Pak Chan Rivers von Burma getrennt.

Es ist ordentlich was los auf unserer Strecke. Baufahrzeuge, Pickups, LKWs jeder Größe

bevölkern die Straße nach Takua Pak. Irgendwann taucht vor uns ein Pickups auf, auf dessen Ladefläche sich ein Affe eine, wohl illegale Mitfahrgelegenheit verschafft hat. Vermutlich hat der Farmer Obst, Kokosnüsse oder Gemüse geladen. Der unliebsame Passagier, ist bestimmt kein Blinder, muss wohl an einer Ampel vom Baum in den Wagen gehüpft sein. Genau können wir das ganze Schauspiel nicht sehen, denn zwischen uns und dem Affentransporter fährt ein riesiger Betonmischer. In Kurven sehen wir, dass der Affe sich am Geländer der Pickupladefläche

festhält und so etwas macht, was wie S-Bahnsurfen aussieht, Pickup-Surfen sozusagen. Als sich die Gelegenheit ergibt, überholen wir den rotierenden Betonmischer und reihen uns hinter die rollende Zoohandlung ein. Beim näheren Hinsehen, wird uns natürlich klar, warum der Affe da förmlich auf dem Schleifstein surft. Der arme Kerl ist mit einer Kette am Auto befestigt. Wir sind fassungslos, wirklich. Auf was für bekloppte Ideen Menschen kommen können. Als wir den Pickups überholen, dreht der Affe an der kurzen Kette förmlich durch und springt auf dem oberen Teil des angeschweißten Geländers wild hin und her. Wirklich, ich weiß gar nicht, was man da noch sagen soll.

Zwischen Takua Pa und Bang Daeng ist die Strecke eine einzige Baustelle und recht nervig zu fahren. Landschaftlich h ist es sehr schön, aber irgendwie sind Thais, vor allen Dingen, wenn sie so große schwarze SUVs fahren, riskante Verkehrsteilnehmer. Die fahren so dicht auf, dass man ihre Nummernschilder im Rückspiegel nicht mehr sehen kann. Drängeln, selbst, wenn vor einem eine Schlange Autos ist. Da hilft nur eins, den langsamen LKW, der voraus fährt, überholen. Damit erkauft man sich Ruhe. Denn LKWs werden nicht gerne überholt. Die rasen wie irre über die Piste, haben meist dreifache Überladung und sind unberechenbar, wenn sie aus dem Gleichgewicht kommen. Daher überholen wir flux 3 Lastzüge auf diesem Teilstück und sind den nervigen Drängler los. Parallel zur Baustelle verläuft der Khao Lok Nationalpark, dessen höchster Gipfel fast 1400 Meter hoch ist. Doch heute war keine Gipfelzeit. Die lagen alle in den Wolken.


In der Mittagszeit verlassen wir die Überlandstraße und fahren Richtung Meer, dass nur wenige Kilometer von der Hauptstraße entfernt ist. An diesem Teil der Küste zieht sich ein breiter Mangrovengürtel entlang. Bis zum Laemson Nationalpark sind es 8 Kilometer durch die Mangroven. Rechts und links der kleinen "Stichstraße" ist tiefes Dickicht und die Bergziege darf hier nur mit gemäßigtem Tempo rennen, da wir keinen Roadkill begehen wollen. Platte Schlangen gibts recht häufig. Natürlich hoffen wir auf Warane, die ganz großen - ist ja klar - die, die Ranger auf Komodo neidisch machen. So ein 3 Meter Kracher, wie wir ihn in Kuala Perlis auf der Straße gesehen haben, würde uns ja schon reichen. Und - wir haben Glück - ein kleiner Vertreter seiner Gattung stiefelt gemächlich über das Mangrovensträßchen, so breitbeinig, macht richtig auf dicke Hose. Dann sieht er uns mit der Bergziege in 10 Meter Entfernung und mich an der Kamera nesteln, was impulsartig irgendwie einen Urinstinkt in seinem

Echsengehirn auslöst und er zügig einen Abgang macht. Leider war ich nicht schnell genug mit der Kamera, aber, wir werden bestimmt noch mal welche zu sehen bekommen. Wir zahlen die


500 Bath Eintritt und parken die Bergziege am Visitorcenter. Der Laemson-Nationalpark erstreckt sich von der Provinz Ranong bis zur Provinz Phangnga, Mit 100 Kilometern Küstenlinie der Andamanensee ist das die längste geschützte Küste Thailands. Hier gibt es vom Nashornvogel, über Affen, Schildkröten, Delfine und weiß-nicht-was-noch-alles-für-Getier. Trotzdem ist es ein bißchen enttäuschend, denn der Strand, den man nach wenigen Minuten Fußmarsch erreicht, ist nicht so einladend, wie gedacht. Alle Fotos, die wir gesehen haben, müssen so gefotoshoped gewesen sein, dass wir nach der Pause zügig wieder den Rückweg antreten. Der Kiefernwald ist sicherlich sehr schön, ab er weit und breit ist hier Camping angesagt. Es gibt einen Campground und ein paar Hütten, die man mieten kann. Wollen wir nicht. Schwimmen entfällt ebenfalls, nach dem wir die eindringlichen und mehrfachen, aufwendigst illustrierten, Warnungen vor Portugiesischen Galeeren und etlichen ihrer Unterarten gelesen haben.


Ranong sind noch 60 Kilometer vom Laemson Nationalpark entfernt und so treten wir das letzte Teilstück unserer heutigen Etappe an. Trotz vorbereiteter Kamera und langsamsten Bergziegentempo, das schon kurz vorm Umfallen war, ist bei Warans heute nichts mehr los. Auch mit schärfster Konzentration und starrem Blick können wir keinen Waran mehr im Dickicht oder Unterholz der Mangroven aufspüren. Zurück an der Hauptstraße sehen wir im Norden immer dunkler werdende Wolken aufziehen. Natürlich vertrauen wir auf unser Glück der vergangenen Tage, da gelang es uns auch immer elegant dem Regen auszuweichen . . .

Was soll ich sagen?

Ranong ist ein relativ kleines Nest, dem eine große Zukunft bevorstehen könnte. Tourismus ist hier keine große Sache. Durch Ranong kommen eher Reisende wie wir, die über den Landweg den Isthmus von Kra (das schmalste Stück Thailands) befahren wollen. Früher war Ranong eine Zinnstadt, mit einer überwiegend chinesischstämmigen Ethnie. Doch der Zinnboom ist auch hier schon lange her, sodass nicht mal der Flughafen eine übermäßige lokale Bedeutung hat, da Phuket und Rabi gleichermaßen einen haben. Aber, hier ist schon sehr lange ein Kanal in Planung. Da Thailand hier sehr schmal ist und Ranong an einer großen Flussmündung liegt, könnte, bei tatsächlichem Kanalbau, Ranong strategisch wichtiger werden und damit Singapur ziemlich die Suppe versalzen. Durch einen Kanal an dieser schmalen Stelle würde der Seeweg nach Europa erheblich verkürzt, würde man ihn anstelle der, außerdem nicht ganz ungefährlichen, Straße von Malakka benutzen. Morgen werden wir mal an den Grenzfluss fahren und einen sehnsüchtigen Blick auf den Südzipfel von Myanmar werfen, den wir 2016 nicht bereisen konnten. Bonne nuit folks.


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Marc Luetjens
Marc Luetjens
Oct 20, 2023

KI klärt auf:

Der Isthmus von Kra ist eine schmale Landbrücke, die die malaiische Halbinsel mit dem asiatischen Festland verbindet. Biologisch gesehen hat der Isthmus von Kra eine wichtige Rolle für die Verbreitung und Diversifizierung von Tier- und Pflanzenarten in Südostasien gespielt. Er ist eine biogeographische Barriere, die die Fauna und Flora der Sundainseln von der des Festlandes trennt. Der Isthmus von Kra ist auch ein Hotspot der Biodiversität, der viele endemische und bedrohte Arten beherbergt, wie z. B. den Malaiischen Tapir, den Asiatischen Elefanten, den Indochinesischen Tiger und den Weißhandgibbon.

Der Orang-Utan eine typische Affenart der Sundainseln, die in Borneo und Sumatra heimisch ist, aber nicht auf dem Festland3 Ebenso ist der Weißhandgibbon eine Affenart des Festlandes, die in Thailand,…

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