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AutorenbildIngo

Das Wat Xiang Thong SayaroharaMathibodiMahavihanh . . .

Aktualisiert: 25. Jan.

22. Januar 2024 - Luang Prabang

KM 17.299


Wir stehen vor dem Wat Xiang Thong Sayaroharamathibodimahavihanh in Luang Prabang. Um eintreten zu können, muss man durch ein weißes Tor, das sehr verschachtelte Gewände rechts und links aufweist und obenrum, wie kann es auch anders sein, von einer süßen kleinen Zuckerbäckerspitze geziert wird. Ob man bei buddhistischen Wats aus dem 16. Jahrhundert von Zuckerbäckerspitzue sprechen darf, weiß ich nicht, doch der buddhistische Fachterminus für Zuckerbäckerspitze ist mir entfallen. Außerdem ziert ein goldgerandetes, dunkelbraunes Schild den Torbogen, auf dem deutlich der Name des Wats steht: Wat Xiang Thong Sayaroharamathibodimahavihan.- Aha, so so. Vielleicht kennt der geneigte Leser diese



Situation? Der gehirntechnisch betriebene Sprachapparat versucht, die gleichzeitig von der menschlichen CPU versendete Befehlskette, Augen auf, still lesen, parallel dazu Mund auf und laut vorlesen sinngemäß auszuführen. Zumindest mein Geist scheitert an dieser Parallelität. Drehe mich um, hin zu der Ticketverkäuferin und frage, ob sie mir den Namen einmal aufsagen kann? Da habe ich sie kalt erwischt, stottert etwas rum, dann schickt sie sich an, den Namen laut vorzulesen. Etwas stockend, offenkundig hockt sie hier den ganzen Tag und weiß gar nicht wie die Kulturstädte so richtig heißt. Das hätte ich selbst gekonnt. Nun gut, ich versuche es: Wat Xiang Thong Sayaroharamathibodimahavihanh. Eigentlich ganz einfach. Sprecher es mehrfach laut aus und bekomme Applaus von einem älteren thailändischen Paar, welches unbemerkt hinter uns aufgetaucht ist.



Wir erkunden heute die alte Königstadt Luang Prabang im nördlichen Hochland von Laos. Der Name der Stadt Luang Prabang bedeutet wörtlich aus dem laotischen Königliches Buddha-Bildnis und besteht aus einem Stadtkern, sowie 58 angrenzenden Dörfern, von denen 33 die UNESCO-Weltkulturerbestadt Luang Prabang umfassen. Nun, vor 16 Jahren bin ich hier schon einmal durchgekommen und muss gestehen, dass sich nicht viel verändert hat. Was natürlich mal schön ist, ich meine, dass es etwas Beständiges gibt, was mein asiatisches Ich noch von früher kennt und sich nicht gravierend verändert hat. Die vielen kleinen französischen Kolonialbauten sind weiterhin unfassbar herzig anzuschauen, wobei man hier und da das Gefühl bekommen kann, man säße in einem Bistro einer kleinen Stadt im Rhone-Tal oder im Burgund. Wären da nicht die Palmen und der breite Mekong, auf dessen weiten Wassern



unermüdlich farbenfroh bemalte Longtails schippern. Wie gesagt, immerhin hat doch etwas aus meinen Erinnerungen an Indochina, noch Bestand. Ein beruhigendes Gefühl. Da Luang Prabang 1995 als einzigartiges und „bemerkenswert“ gut erhaltenes architektonisches, religiöses und kulturelles Erbe den Status des UENSCO World Heritage bekam, kann sich auch nicht wirklich viel verändern. Dabei wurde aufgeführt, dass sich die Besonderheit des Ortes in seiner Mischung aus ländlichen und städtischen Entwicklungen über mehrere Jahrhunderte, einschließlich der französischen Kolonialeinflüsse im 19. und 20. Jahrhundert, begründet.



Doch, wie man hier hört, steht der Status der UNESCO gerade auf wackeligen Füßen. Vermutlich hat Corona vielen kleinen Guesthouses oder auch Hotels den Todesstoß versetzt, sodass hier viel im Wandel ist. Wie überall in Laos, haben auch die Chinesen Gefallen an Luang Prabang gefunden. Außerdem liegt es schon jetzt direkt an der Highspeed-Zugstrecke Kunming - Boten -Luang Prabang - Vang Vieng - Vientiane. Zukünftig wird auch der Freeway hier lang führen und für den chinesischen Mittelstand wird Laos dann ein Naherholungsgebiet. Nur, dass die Laoten wieder mal leer ausgehen. An der Hauptstraße von Luang Prabang, also der Straße, an der die



Wats, die königlichen Palastanlagen (National Museum) und viele geschützte Kolonialbauten liegen, sind schon chinesische Investoren dazu übergegangen, riesige Schilder mit chinesischen Schriftzeichen aufzuhängen, so völlig gegen das Stadtbild. Vor 16 Jahren gab es im Zentrum noch sehr viele "normale" Laoten, die einfach dort in ihren ererbten Häusern lebten. Das hat sich ziemlich gewandelt und heute läßt sich die Innenstadt folgendermaßen kategorisieren: Premiumhotels, tropische Boutiquehotels, chinesisch geführte Großhotels, Premiumrestaurants, Boutique- und einheimische Individualrestaurants, chinesische Cafés und Restaurants,



Imbissbuden, Premiumsouvernirgeschäfte, chinesische Souvenirgeschäfte und Ramschläden. Viele Laoten sind der Meinung - hat sich in Gesprächen ergeben - dass der UNESCO-Status unbedingt erhalten werden sollte, damit die chinesischen Investoren und die laotische Politik nicht machen können, was sie wollen. Die UNESCO überlegt dennoch, den Status zu entziehen. Das interessiert die chinesischen Investoren nicht die Bohne, im Gegenteil, dann können sie erst recht schalten und walten, wie sie es wollen. Von der laotischen Politik ist keine Gegenwehr zu erwarten, solange es genügend neue Range Rover Modelle auf dem Markt gibt.



Wir schlendern erst einmal drauflos, passieren das Palastareal, das heute geschlossen ist, Montag halt. Von der Straße aus, kann man zumindest das Wat sehen, welches zum Königspalast gehört. Da heute wieder mal hochsommerliches Wetter herrscht, setzen wir uns auf eine Parkbank und genießen den Ausblick. Neben dem prächtigen Wat, ist natürlich das soziale Rahmenprogramm auf der Hauptstraße großartig. Die Zusammensetzung der Touristen ist hier völlig anders. Außerdem ist Luang Prabang derartig gepflegt, dass es im krassen, mülltechnischen Gegensatz zum restlichen Land steht. Geht doch. Hier verkehren penibelste saubere, auf Oldtimer getrimmte, Elektrotaxen, zwischen den Nobelhotels und der Innenstadt. Alte laotische Tuktuks bringen Mönchsnovitzen in grellrotorangen Roben von Wat A zu Wat B. Kleine Suzuki- oder Kolaopritschenwagen transportieren chinesische Reisegruppen zu den Anlegestellen, von wo aus die verschiedenen Must-see-Touritouren starten. Sparsame Backpacker streben zu Fuß, vom Busbahnhof kommend, auf die Gassen mit den Budget-Guesthouses zu. Da tauchen Touristen auf stylischen E-Bikes oder mit rostigen, chinesischen



Citybikes auf und last, but not least, schwärmen koreanische Reisegruppen, bestehend aus quirligen Girlies, angetan mit plüschigen Anglerhüten, haifischgeformten, geschäumten Plateauflipflops und riesigen Smartphones, durch französisch geprägte Altstadt. Alles sehr spannend für uns. Im restlichen Laos tauchen eher nur abenteuerlustige Backpacker auf, die schon hart im Nehmen sind, was Unterkunft und Transport angeht.

Von Luang Prabang werde ich später was erzählen, denn nun zurück zum Wat Xiang Thong Sayaroharamathibodimahavihanh. Tempel der Goldenen Stadt, so lautet die Übersetzung des fürstlich langen Namens. König Setthathirath erbaute um 1560 das Wat Xieng Thong Sayaroharamathibodimahavihanh, was heute immer noch eines der bedeutendsten laotischen Klöster ist und daher als bedeutendes Denkmal für die tiefe buddhistische Spiritualität, die Monarchie und der traditionellen Kunst dient. Natürlich haben die Pathet Lao, also die kommunistischen Revolutionäre, die Monarchie beendet und den König nach dem Bürgerkrieg entmachtet. In wie weit doch die royalen Gefühle und der Zuspruch zum König gebrochen wurde, vermag man nicht genau zu sagen. Bemerkbar ist das im Alltag nicht. Da ist die Monarchie in Thailand und sogar auch in Kambodscha, ein ganz anderes Kapitel. Wat Xieng Thong Sayaroharamathibodimahavihanh war also ein königlicher Tempel, zumindest stand er unter der Schirmherrschaft der königlichen Familie. Naja, bis zur Gründung der Volksrepublik Laos unter den kommunistischen Pathet Lao eben. Der Backs diente als Ort für Krönung von Königen, als Kultstätte für Mönche, als Schrein für buddhistische Reliquien, zur Feier religiöser Riten und Feste und ich weiß nicht was noch alles . . .



Direkt neben dem Osttor liegt die Begräbniskapelle. Die Front der Halle ist nach Westen ausgerichtet, was natürlich das Herz des Fotografen höher schlagen läßt, da die goldenen Reliefe der Fassade in der intensiven Nachmittagssonne ordentlich funkeln. Im Innern stehen etliche Urnen herum, in denen sich die Asche verschiedenster royaler Familienmitglieder befinden. Doch die Gefäße fallen nicht weiter auf, denn mittig steht der königliche Begräbniswagen, erkennbar an etlichen Nagaschlangen und einer riesigen Urne unter einem reich dekorierten Baldachin. Der Körper Setthathiraths wurde dort vor der Einäscherung erst einmal in Embryohaltung untergebracht, bevor er eingeäschert wurde. Dazu gab es wohl noch zusätzlich etliche königliche Begräbnisprotokollpunkte, die ich alle nicht mehr





lesen konnten, weil eine chinesische Reisegruppe in die Begräbnishalle einfällt und sich stumpf vor Alles und Jeden stellt. So hab ich nur noch schwarze Haare mit Golfmützen ohne Mütze aber mit Sonnenschutz, vor mir. Wir schlendern über die Anlage, die zwar besucht ist, aber bei Weitem nicht voll ist. Aber, nun ja, wie formuliere ich es, ohne, dass mir hier eine Chinaphobie unterstellt wird? Es reicht eine 15-köpfige Reisegruppe aus Kanton, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht, alle Plastikflaschen irgendwo rumstehen oder -liegen und man kurz vor dem Axtmord ist, weil sie immer durchs Bild laufen und sich ungeniert vor einen hinstellen und fotografieren, wenn man selbst gerade den Auslöser betätigen möchte. Kein Gespür dafür, dass sie nicht die einzigen Menschen auf dem Planeten sind und besonders freut es mich, wenn sie sich vor ein Objekt hinstellen, das Smartphone zücken und beginnen einen Videocall zu machen, durchaus auch mal länger . . .



Mittig auf der Anlage liegt der Sim des Wats Xiang Thong Sayaroharamathibodimahavihanh. Sim ist nicht etwa die Abkürzung des kubanischen Geheimdienstes unter Batista, sondern ein Sim ist die zentrale Schreinhalle eines laotischen Tempels. Aha, so so. Das, was die Thailänder als Viharn oder Usobot bezeichnen, klar - oder? Wat Xieng Thong Sayaroharamathibodimahavihanhs Sim hat 18 Kaskadendächer und ist innen und außen mit goldener Schablonentechnik verziert. Ich hab mir sagen lassen, dass die Dächer in Laotischen




Sims ein zentrales Element der Struktur sind und außerdem in einer kunstvollen Anordnung nach unten verlaufen. Neben den Nagaschlangen auf den Dachfirsten, die hier aufälligerweise mit kleinen grünen Spiegelfliesen beklebt sind, hat man eine kleine Ansammlung goldener Pagödchen mittig auf den First geflanscht. Das ist der Dok So Fa (Ach der!), und die Anzahl der herzigen Goldtürmchen sowie die dekorativen Gesamtdetails, geben Auskunft über die Bedeutung eines laotischen Tempels. Erinnert mich zwar mehr an einen



Weihnachtskerzenständer aus dem Erzgebirge, aber macht schon was her. Funkelt zumindest ordentlich in der Sonne. Ich mag diesen Tempel sehr, denn um dies Tageszeit beginnen die vielen kleinen Spiegelfliesen das Sonnenlicht zu reflektieren. Außerdem hat diese Anlage, aufgrund seines Alters eine gewisse Unperfektion, wie man sie niemals in Thailands Tempeln finden würde. Das macht diesen Sim so sympathisch für mich. Schon vor 16 Jahren, mochte ich diesen Platz auf der Treppe. So nutze ich die Gelegenheit dort nochmals ein paar Minuten zu



verharren und darüber nachzudenken, ob ich diesen Ort wohl noch einmal besuchen werde können. Neben dieser Treppe mag ich auch einfach die kleinen, wenn auch windschiefen Eingangstore. Die gestaffelten, häufig auch verschachtelten Bauelemente, die dann, überraschenderweise, doch irgendwie gemeinsam aufstrebend in einer Spitze enden, bringen mich immer zum Schmunzeln. Was diesen, nach thailändischen Maßstäben,



ziemlich kleinen Tempel so schön macht, ist die Stempel- und Schablonentechnik, mit der Säulen, Gebälk und Deckendetails verziert sind. Auch das Innere des Sims ist ebenfalls mit Schablonentechnik verziert worden. Satte rote und schwarze Wände sind vollständig mit mythologischen Szenen und geometrischen Mustern in Gold verziert. Die Wände alter Wats sind immer vollgestopft mit allerlei buddhistischer Mystik, dass ich meistens nie alles behalten kann, was ich da zwischendurch immer lese oder von Anni erzählt bekomme, was sie ihrerseits im Reiseführer gelesen hat. Die Decke soll Dharmachakras – Dharma-Räder - zeigen, die den buddhistischen Kreislauf der Reinkarnation symbolisieren. Könnten auch früh- bis Hochgotische Rosetten sein, wer weiß das schon? Aber nun gut, so sollen es also Dharmachakras sein!



Hinter dem Sim des Wat Xiang Thong Sayaroharamathibodimahavihanh, befindet sich das Heiligtum des liegenden Buddhas. Eine kleine, mit Mosaiken verzierte Kapelle mit einer großen buddhistischen Statue. Dort rennen alle gläubigen Buddhisten rein, hängen sich aus dem Fenster und lassen sich fotografieren. Warum, können wir nicht eruieren. Aber, es gibt kein




Entrinnen. Wir werden von zwei jungen Mädels, angezogen mit indigofarbenen Röcken und Blusen, dazu genötigt, uns für ein Foto auch aus dem Fenster zu hängen. Sie geben keine Ruhe, also stiefeln wir barfuß und kopfbedeckungsfrei rein in das Tempelchen und fensterln. Was macht man nicht alles in der Herberge zur 7. Glückseeligkeit? Fragen über Fragen des Orients! Bonne nuit folks!



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