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Buchhaltung . . .

Aktualisiert: 1. Jan.

31. Dezember 2023 - Stung Treng

KM 15314


Seit wir Phnom Penh verlassen haben, sind wir in Kambodscha angekommen, soviel ist mal sicher. Im übertragenen Sinne. Hier gibt es kein Sushi oder Hummer aus dem Südchinesischen Meer. Dafür gibt es Prohec, vergorenen Fisch, der in großen runden Blechschüsseln in der Sonne schmort, bevor ein Kunde nach mittäglichen Kulinaritäten verlangt. Hier gibt es keine klimatisierten Shopping-Malls mit Versace, Armani oder Moncler. Statt dessen wird in den



Dörfern und Kleinstädten, staubige Straßencouture vom wackligen Mobil-P&C angeboten. Jeans, Cargobuxen und pseudomilitärischer Armeechick, mit gefakten Logos, der in allen Metropolen und Gesellschaften zum Brandzeichen der aktuellen Lebensweise avanciert. Hier gibt es keine betonierte Wohnpracht, mit breiten, schwerst vergitterten Flächen davor, für deutsche oder chinesische Premiumfahrzeuge, Motorräder, Mountainbikes und hoch verschraubten

Basketballkörben. Dafür baut man hier weiterhin mit Holz, einfachen Ziegeln und gegen die Sonne werden bemalte Bambusrollos verwendet. Hier fegt kein Heer von schwerst, gegen die gleißende Sonnenstrahlen, vermummten, namenlosen Arbeiterinnen die Prachtstraßen und frisch gewässerten Grünflächen. Die Dörfer liegen flach und ausgeblichen in der Hitze des



Tages da. Jedes bißchen Schatten wird genutzt für windschiefe, hölzerne Verkaufsstände, die sich unter dem Gewicht, grellbunt verpacktem Waschmittel, Früchten der Region und in alten Colaflaschen abgefülltem 91`er Benzin biegen. Hier gibt es keinen Skinbleecher oder flippigen Gesichtsschutz mit Pokemonöhrchen darauf, die die helle Haut vor dem Verdunkeln schützen sollen. Hier sind die Menschen dunkel, sodass Zähne und die Augen einen deutlichen Kontrast zur tiefbraunen Haut bilden. Hier gibt es kein verglastes 24/7 Fitnessstudio, vor dessen



pompösen Eingängen mit noch pompöseren Studiotiteln, die großen Karossen, in ihren Dimensionen und heimlich geflüsterten Ankaufpreisen, um die Wette buhlen, der monetäre Platzhirsch zu sein. Hier zeichnet Sonne, Hitze und harte Arbeit die Gesichter, deren ungläubiger Gesichtsausdruck mich immer ein längeres Stück  unserer Wegstrecke „im Kopf begleitet“. An unserem letzten Tag in Phnom Penh, auf der Suche nach unserer gebührenfreien Bank of Malaysia, sind wir, hinter dem Raffles Hotel, in einer Hochglanzmall gelandet, deren



augenscheinlichstes Merkmal war, dass die Menschen, die sich dort durch die wohl parfümierten Luxushütten schoben, überwiegend fürchterlich gelangweilt aussahen. Davon sind wir hier weit entfernt. Unvergessen sind für mich die alten Khmerfrauen, gegen die Sonne das typisch karierte Tuch um den schmalen Kopf gewickelt, den ausgemergelten Oberkörper in einem wehenden, oftmals staubigen Hemd und um die Hüften ein farbiges Tuch geschlungen. Barfuß oder in ausgetretenen Flipflops transportieren sie Holz oder angeranzte Kanister mit Flusswasser zu ihrer Hütte, deren auffälligstes Merkmal eine zerschlissene Ganzberg Beer-Plane ist, die als Sonnensegel und Vordach dient. Doch die Geschichte ihres Lebens, faßt sich in



ihren tiefgefurchten Gesichtern, mit den beinahe ausdruckslosen Augen zusammen, in dem Wort „Entbehrung“. Das Los der Menschen auf dem Land, scheint sich seit meinem letzten Besuch nicht wirklich verbessert zu haben. Die Gesellschaftsstruktur ist tatsächlich schwer zu fassen. Wir passieren viele Schulen, auch auf dem Land, doch gleichzeitig sitzen viele junge Menschen im Schatten herum, offenkundig im gleichen Alter, wie die Schulkinder, die, um uns herum sausenderweise mit ihren Rollern, den Heimweg antreten. Kontakt ist schwierig, da eine Verständigung jenseits von Phnom Penh oder Siem Reap, in englischer Sprache nicht mehr möglich ist. Kambodscha fühlt sich für uns richtig seltsam an, da die Zurückhaltung der Menschen hier, so völlig im kommunikativem Kontrast zu unseren Erfahrungen der vergangenen Monate steht. Ein Lächeln bringt einen in Asien immer voran, doch hier wird das nur zaghaft und zurückhaltend erwidert, dass wir uns wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen vorkommen.



    Wir sind immer noch in Stung Treng, denn wir wissen nicht, ob die Grenze morgen überhaupt offen ist. Der erste Januar ist ein offizieller Feiertag hier. Gestern war hier etliches geschlossen, was darauf schließen läßt, dass ebenfalls „unsere“ Wochenenden eingehalten werden. Außerdem kostet unser Hotel nur 16 €, da haben wir einfach mal einen Tag verlängert. Viel zu machen gibt es nicht in Stung Treng. Wäre die Grenze nicht, wäre das hier eine Stadt, die der Herrgott in einer Sekunde der Vergesslichkeit hätte entstehen lassen. Hauptsäclich lebt die Stadt vom „Touristenumladen“. Wer nach Laos möchte und mit dem Bus von Phnom Penh nach Vientiane, Pakse, Savannaket, Luang Prabang möchte, der hat einen komplizierten Grenzübergang vor sich. Der Bus aus Phnom Penh endet in Stung Treng. Umsteigen in ein Großraumtaxi, dass gesondert nocheinmal 11 US$ pro Nase kostet - für die nächsten 57 Kilometer zur Grenze. Normalerweise würde für eine derartige Strecke, maximal die Hälfte fällig werden. Entweder geht man durch die Grenze zu Fuß oder bleibt im Taxi sitzen, dass einen dann zum weiterführen den Bus hinter der laotischen Grenzstation fährt. Bleibt man im Bus sitzen, muss man die Dienste eines Herrn in Anspruch nehmen, der keinerlei offizielle



Eigenschaft hat und pro Nase 5 US$ kostet. Dieser sammelt Pässe, die Visaanträge, das offizielle, haha, Stempelgeld ein und  stellt sich ebenfalls am Immigrationschalter an. Einfach nur ein Geschäftsmodell. Dann muss man nur noch einmal raus und seine Fingerabdrücke digitalisieren lassen und ist drin. Vorteil dieser relativ, an Schmiergeld, kostspieligen Methode ist, dass der Bus auf der laotischen Seite wartet. Möchte der sparbewusste Packpacker ein paar Bucks sparen, geht er zu Fuß, aber niemand garantiert, dass der - bereits gebuchte - Sitzplatz nach Norden noch zur Verfügung steht oder der Bus überhaupt noch wartet. Also, diese Stadt lebt vom „Umschlag“ der Touristen. Ansonsten ist hier nicht viel los. Der junge Rezeptionist war ganz erstaunt, dass wir mehrere Tage bleiben, scheint unüblich zu sein. Ein Seitenarm des Mekong, der Sekong, fließt an dem Örtchen vorbei. Eine riesige Flussinsel, zumindest geografisch gesehen, trennt Sekong und Mekong, die sich südlich der „Uferpromenade“ vereinigen. Das flache Umland ist bewaldet. Daher führt massives Abholzen - für die



Holzkohleherstellung - und das völlige Überfischen des Mekongs zu ernst zunehmenden ökologischen Problemen. Überall im Land wird Holzkohle angeboten und das sogar in ziemlich großen Mengen. Nachdem wir nun etliche Provinzen durchquert haben, läßt sich feststellen, dass rasch nachwachsender Nadelwald nicht zum landschaftlichen Charakterbild Kambodschas gehört. In den Dörfern gibt es häufig keinen Strom und deshalb wird auch dort meist auf Kohleöfen oder Kohlebecken gekocht. Da Gas und auch die Anschaffung eines Gaskochers eher Luxus ist, ergibt sich der nationale Hunger nach Holzkohle natürlich von allein.

    Auch wenn Stung Treng heute einen etwas verschlafenen Eindruck macht, ging es hier in den vergangenen 100 Jahren ziemlich hoch her. Kurz vor der Stadtgrenze teilt sich die Straße, links nach Stung Treng, rechts nach Laos. Für die verbliebenen Kilometer liegt ein kerzengerades Stück Asphaltpiste im Wald. Bestimmt 20 Meter breit, mit groben Tropenteer beschichtet. Fühlt sich sofort an, wie eine alte Landebahn. Air America, wie mir scheint. Mehr noch, aus der Sonne kommend, können wir das abrupte, im Schatten liegende Ende der Straße nicht sehen. Kann gerade noch halbwegs bremsen, sonst wären wir in einen, 20 cm tieferliegenden und nur einen



halben Meter breiten, Schotterabschnitt gerauscht. Definitiv eine alte Landebahn, mit einem gerade abgestochenen Ende. Allein die Nähe zu Laos legt diese Vermutung nahe, dass lediglich die berüchtigte „Airline“ Air America die Piste benutzt hat. Stung Treng hat zwar offiziell einen Flughafen, aber der wird gerade nicht kommerziell angeflogen. Aufgrund seiner Grenzlage und der bewaldeten Berge im Nordosten der Provinz, war diese Region ein, schwer zugängliches, Zentrum kommunistischer Aufstandsaktivitäten – und ein Ziel amerikanischer Bomben in den 1960er und 70er Jahren. Der Aufstand dauerte von der vietnamesischen Infiltration in den 1950er Jahren bis in die späten Jahre der Roten Khmer.



    Also hier war was los. Betonung liegt auf war was los. Ein bißchen sleepy, heruntergekommen und bietet touristisch jetzt auch nicht so viel. Aber gut für uns einmal etliches aufzuarbeiten. Muss eine Datensicherung machen, bzw verschiedene Festplatten aktualisieren, weil an manchen Tagen, die Datenmenge derartig schnell wächst, dass ich manchmal gar nicht hinterherkomme. Habe bspw. 10 GB schöne Luftaufnahmen vom Königspalast in Phnom Penh gemacht, die mal gesichtet und vielleicht in einen kurzen Clip gebracht werden könnten. Muss die Fotos auf der Blogseite reduzieren, komme ans Limit, ist aber mit dem WLAN im Hotel nicht machbar. Außerdem bekomme ich immer wieder Anfragen,



wie wir unsere Kosten händeln, wie teuer so eine Reise überhaupt ist, usw. Also gut: Da Anni, dankenswerterweise, die Buchhaltung übernommen hat, haben wir einen super guten Überblick über die Finanzen und wohin das Geld geflossen ist. Sie nutzt eine App, die TravelSpend heißt. Anni führt da ziemlich gut Buch und so haben wir heute mal das Programm eine Analyse vornehmen lassen. Gesamt haben wir in den vergangenen 5-6 Monaten etwa 15.000€ ausgegeben, wobei 45% auf Übernachtungen entfielen, 13% Andere Ausgaben (Visagebüren, Sim-Karten, Agenten, Reparaturen, Öle und Ersatzteile, Inspektion der Bergziege), 12% Restaurantbesuche, 8% Transport (Benzin, Maut, Fähr-, Taxi- und Bustickets), 8% Einkäufe (Einkauf im Supermarkt - haben in Malaysia ja fast immer selbst gekocht in den Apartments), 5% Shopping (neue Hemden, T-Shirts, Hipback - altes ist kaputt gegangen, usw.) und, last but not least, 10% Andere Kosten (Sehenswürdigkeiten, Cafés, Aktivitäten, Getränke, Wäsche). Damit haben wir einen ziemlich guten Überblick über alles. Dem geneigten Leser wird sicherlich auffallen, dass wir einmal den Posten Andere Kosten und Andere Ausgaben haben. Wir nutzen die Free-Version der App, was bedeutet, dass man nicht alle Freiheiten hat, wie in der kostenpflichtigen Version. Da sind wesentlich mehr Anwendungen möglich. In der Free-Version kann man immer nur eine Reise bearbeiten. Die wird dann gelöscht, wenn man etwas Neues starten will. Dennoch ist das ganze hilfreich, da man sehr schnell ausrechnen kann, ob es für den Rest des Monats nur noch trockenes Brot und Fußmärsche gibt.

    Nun werde ich versuchen mal diese Depesche hochzuladend, was mit dem schwachen „Internetz“ hier keine Freude ist. Anni und ich wünschen allen Lesern einen spannenden und fröhlichen Jahreswechsel. Bei uns wird es ruhiger, trotz der fröhlichen Discobeleuchtung über unserem Bett. Wir hören uns im nächsten Jahr 2024 - bonne année folks!



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