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AutorenbildIngo

Antike Keramik . . .

02. Februar 2024 - Phonsavan

KM 17. 885


Nun überschlagen sich die Dinge förmlich. Nach einigen Wochen zähen Emailverkehrs mit PT Air Cargo, kommt nun alles ins Rollen. Am 22. Februar fliegt die Bergziege nun nach Delhi und wir auch. Ein Flug ist schnell gefunden, denn Thai Airways fliegt 3 Mal am Tag nach Delhi. Für das Visum benötigen wir eine indische Adresse, also wird es ein Flughafen Hotel. Damit sind wir vor Ort und können zügig zum Cargoterminal. Wenn man jedoch die Größe des Delhi International Airport bedenkt und auch den indischen Verkehr, ist der Begriff zügig relativ. Aber, wir werden sehen. Es gilt 4 Stunden indonesische Zollformalitäten zu schlagen. Dann beantragen wir die Visa, über die dafür vorgesehene Onlineplattform der indischen Regierung.



Dabei sind wir kurz vor dem Axtmord, denn die Plattform ist quälend langsam, stürzt permanent ab und es kostet uns Stunden, bis wir alles richtig online eingegeben haben. Besonders freut mich, dass man einen Passscan hochladen muss, der nur 300 KB haben darf. In meinem Gewerbe ist das so, als würde man ein Gemälde von Vermeer mit LEGOsteinen nachbauen - ziemlich pixelig! Dann müssen wir online bezahlen, was mit 25 US$ relativ preisgünstig ist. Natürlich funktioniert das nur bei einem von uns problemlos. Den Bezahlversuch müssen wir zwei Stunden später wiederholen. Dabei bekommt Anni eine digitale Quittung, aber dafür keine Bestätigungsmail. Bei mir ist es umgekehrt, ich bekomme die Bestätigung, dass die Zahlung erfolgreich war, aber keine Quittung dafür. Jetzt könnte der geneigte Leser ja sagen, ach- egal. Nein, nein, wir müssen nicht nur das elektronische Visum ausdrucken, sondern auch die Quittung vorlegen. Waren die Inder nicht eigentlich die, die immer die Softwareprobleme großer globaler Firmen lösen? Heute Morgen haben wir aber jeder die genehmigten Visa im digitalen Postfach. Keine zwei Minuten danach flattern auch unsere Einreise Dokumente für Thailand ins Postfach. Tom hat sich wieder mal für uns ins Zeug gelegt und beim Transportministerium in Bangkok alles beschleunigt. Wer auch immer in Thailand Mopedfahren will, für den ist Tom der Mann der Stunde! Zusammengefasst lässt sich jetzt ziemlich genau sagen, wie es weiter geht. 09. Februar 2024 überqueren wir die Grenze von Vientiane nach Thailand. Ohne Stress sind wir am 13. Februar in Bangkok und am 19. Februar wir die Bergziege von PT Air Cargo verpackt und am 22. Februar fliegen wir alle nach Delhi. Interessant ist, dass wir mit unserem bundesdeutschen Pass ja eigentlich



automatisch ein 90 Tage bekommen sollten, zumindest laut den offiziellen Webseiten. Jetzt haben wir eins für 30 Tage bekommen, ausschließlich für touristische Zwecke. Aha, so so. Wir werden voraussichtlich zwei Monate in Indien bleiben und eruieren gerade, wie die Einreise nach Nepal ist. Offiziell benötigen wir ausschließlich einen gültigen Carnet des Passages. Aber, im Orient ist offiziell und offiziell nicht immer zwangsweise offiziell. Ende Mai wird die Bergziege nach Hause geschickt, entweder von Mumbai aus oder von Kathmandu. Da dann in Asien die Monsoonzeit einsetzt und der große Regen das Mopedfahren nicht gerade begünstigt, sind wir dann auch am Ende unserer großen Trans-Asien-Tour angekommen . . . Schon, leider!



Am frühen Mittag, nach einem kräftigen Frühstück in Phonsavans Café Nr. 1, müssen wir erst einmal eine Fahrzeugversicherung haben. Wer mit dem eigenen Fahrzeug nach Laos einreist, muss eine Versicherung haben. Da wir heute vor 4 Wochen von Kambodscha nach Laos eingereist sind, läuft unsere Versicherung heute ab, Aber, dass ist hier kein Problem. Wir gehen zur Becel-Bank, die machen auch in Versicherungen und für 175.000Kip (7,80€), bekommen wir eine, höchst ernst und wichtig aussehende Versicherungspolice. Also genießen wir ab morgen wieder Schutz der Becel-Bank. Dennoch verzichten wir natürlich dankend auf einen Unfall. So nun ist Zeit für Kultur. Wir gehen uns antike Keramiken anschauen. Phonsavan liegt auf der zentralen Ebene des Xiangkhoang-Plateaus. Diese Gegend nennt man hier die Ebene der Tonkrüge. Natürlich ist das eine romantisch verklärte Übersetzung des französischen Namens La plaine des Jarres, denn das hier ist eine megalithische Landschaft und hier ist nix aus Ton, so viel ist mal sicher. Auf dem Xiangkhoang-Plateau existieren unzählige "Tonkrug-Ebenen", die zwar alle schon ausgebuddelt sind, doch nicht alle sind für die breite Öffentlichkeit zugänglich. Maßgeblich sind in Phonsavan 3 "Tonkrug-Ebenen" besuchbar. Überhaupt raten alle davon ab, sich auf diesem Plateau einfach mal in die Büsche zu schlagen. Denn, wie man an der Grafik,



die ich im Museum abfotografiert habe, sehen kann, haben die Amerikaner das Xiangkhoang-Plateau mit Bomben geradezu bepflastert. Da wo ich den blauen Kreis eingezeichnet habe, liegen die Ebenen der Tonkrüge. Zwischen Mai 1964 und dem Sommer 1969 wurde die Region während des Geheimen Krieges von der US-Luftwaffe schwer bombardiert, die gegen nordvietnamesische Truppen und die Pathet Lao operierte. Darunter waren 262 Millionen Antipersonen-Streubomben. Schätzungsweise 80 Millionen davon explodierten nicht und stell(t)en weiterhin eine tödliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Die große Menge nicht explodierter Bomben in der Gegend, insbesondere Streumunition, schränkt die Bewegungsfreiheit ein. Zeugnisse der Bombenangriffe sind auf der Ebene Nr. 1, zerbrochene oder verschobene "Tonkrüge" und Bombentrichter, die überall auf der Ebene zu sehen sind. Daher wird davor gewarnt, sich während der Besichtigungen von den geräumten und markierten Wegen zu entfernen. Bis heute werden immer noch Bomben gefunden, entschärft und so die Gegend sicherer gemacht. Doch in Anbetracht der ungeheuren Menge an allen



möglichen Bombentypen wird es sicherlich noch Jahrzehnte dauern, bis die letzte Streubombe geborgen und entschärft wurde. In Phonsavan gehören weiße SUVs mit UXO / Uno-Kennzeichnung zum Stadtbild.UXO bedeutet "Unexploded Ordenance" (Blindgänger) und die Mitarbeiter sind hier immer noch ständig im Einsatz. Die ärmere oder besser formuliert, der nicht am Tourismusboom beteiligte, Teil der Bevölkerung des Xiangkhoang-Plateaus, ist nämlich zu einer lebensgefährlichen Einkommensquelle übergegangen. Man sucht Blindgänger, versucht sie amateurhaft zu entschärfen, zerteilt die Bombenhülle und fertigt aus dem Metall Schmuck, Geschirr usw.. Der Tourist als solcher fährt gerade total auf "Bombenschmuck" ab. So, nach dem Motto Schwerter zu Pflugscharen! Natürlich explodieren nicht selten die Bomben beim Entschärfungsversuch und verstümmeln oder töten dabei die Menschen. Des Abends ziehen Männer und Frauen, zwar mit dem Leben davon gekommen, dich schwer gezeichnet, von Restaurant zu Restaurant und betteln, weil ihnen keine andere Wahl bleibt. Vieles hier läßt mich sprachlos zurück und verdeutlicht mir wieder einmal mehr, unsere europäische Herberge zur 7. Glückseligkeit, in der wir leben.



Bei wolkenlosem Himmel, angenehmen, hochsommerlichen 28 Grad und erfrischendem Wind, stapfen wir über die Ebene der Tonkrüge Nr. 01. Wir werden nur diese eine Ebene besuchen, da wir uns vorgenommen haben, nur noch einen Sightseeing-Tagesordungspunkt pro Tag abzuarbeiten. Die Eindrücke der vergangenen Monate sind manchmal so überwältigend, dass es in schieren Stress ausarten würde, wenn wir uns da in so eine Sightseeing-Achterbahnfahrt begeben. Außerdem nehmen wir uns immer viel Verweildauer für diese eine Sache am Tag. Grundsätzlich hat man (bisher!) knapp 1400 dieser ominösen Steingefäße auf dem Plateau gefunden oder ausgebuddelt. Sie bestehen aus Sandstein und sind in Größe und Form sehr unterschiedlich. Manche haben eine richtige Nut am oberen Rand, auf den vermutlich ein Deckelchen gepasst haben dürfte. Dies deutet aber wohl darauf hin, dass der Großteil der Deckel aus verderblichen Materialien, also Holz oder Pflanzenfasern, hergestellt wurden. Neben den Sandsteinkrügen hat man auch flache Steinplatten gefunden, die aber nicht auf die Krüge



passen wollten. Wir hatten nicht so richtig eine Vorstellung davon, wie groß die Sandsteinkrüge denn nun sind. Die Gefäße variieren in Höhe und Durchmesser zwischen 1 m und 3 m und sind alle aus Sandstein gehauen. Ihre Form ist zylindrisch, wobei die Unterseite immer breiter als die Oberseite ist. So richtig weiß man immer noch nicht, was das Ganze nun ist. Lokale Legenden und Mythen wolle die Sandsteingefäße als Trinkgefäße für Riesen identifiziert haben, die hier in grauer Vorzeit auf dem Xiangkhoang-Plateau gelebt haben sollen. Ganz ehrlich - Nein! Zu dem Schluss komme ich Hobbyarchäologe, wenn ich mir hier die Nachfahren der Riesen so im Supermarkt anschaue. Da kommt ja kaum einer über die 1,50 Marke hinaus! Nein - These widerlegt und verworfen. Eine andere Erklärung fand die französische Geologin und Amateurarchäologin Madeleine Colani in den 1930er Jahren. Auf der Ebene 1 existiert eine


Höhle, die zwei künstliche, also von Menschenhand geschaffene Öffnungen in der "Decke" hat. Colani nahm an, dass es sich bei diesen Löchern um Schornsteine ​​eines Krematoriums handelte. Sie begann Anfang der 1930er Jahre in der Höhle zu graben und fand Material, das eine Krematoriumstheorie stützte. Colanis These zufolge handelt es sich bei der Ebene der Tonkrüge um eine Grabstätte aus der Eisenzeit. In den "Sandsteinkrügen" fand sie schwarze




organische Erde und darin farbige Glasperlen sowie verbrannte Zähne und Knochenfragmente, manchmal von mehr als einer Person. Um die Steingefäße herum fand sie menschliche Knochen, Keramikfragmente, Gegenstände aus Eisen und Bronze, Glas- und Steinperlen, Keramikgewichte und Holzkohle. Die Knochen und Zähne in den Gefäßen weisen Spuren einer


Einäscherung auf, während die Bestattungen rund um die Gefäße unverbrannte sekundäre Grabknochen hervorbringen. Die Steinscheiben, die man auf allen Ebenen fand, klassifizierte sie als Grabsteine, die auf die Oberfläche gelegt wurden, um eine Grabgrube abzudecken oder zu markieren. Diese Grabsteine ​​kommen seltener vor als Krüge, sind aber in unmittelbarer Nähe zu finden. Also gab es zwei mögliche Beerdigungsprozeduren. Wir sprechen übrigens gerade von tradierten Handlungen, die über 2000 Jahre alt sind. Verstarb jemand aus der Community,



so legte die Familie den Körper in einen "Sandsteinkrug" bis nur noch die Knochen und feste, unverrottbare Grabbeilagen übrig waren. Dann wurde das Gefäß geleert und ein zweiter Beerdigungsprozess fand statt. Die Überbleibsel wurden in eine Grabgrube gelegt und mit einer



Steinplatte verschlossen, die gleichzeitig auch eine Markierung für die Familie war. Zu einem späteren Zeitpunkt, wurde der Prozess abgewandelt und die Körper verbrand. Dann fungierten die "Sandsteinkrüge" als Urnen. Colani geht davon aus, dass die jüngeren Gefäße alle Markierungen hatten, um die Urnen von den älteren Krügen zu unterscheiden. Auf der Ebene 1



gibt es zwar ein "verziertes" Steingefäß, wir haben es aber nicht gefunden. Die Abbildungen, die davon existieren, sind so abenteuerlich, dass ein Rohrschachtest dagegen visuelle Eindeutigkeit hat. Soweit zu Frau Colani von der Ecole Française D'Extrême-Orient. 1996 kommt ein japanischer Wissenschaftler zu der Erkenntnis, dass die Krüge vermutlich nicht 2000 Jahre alt sind, sondern eher 3000 Jahre. Außerdem gibt es noch eine ganze Reihe an Korrekturen von Colanis Thesen, doch am Ende ist und bleibt es ein alter Friedhof, mit einem Haufen großer und kleiner Urnen. Die Ebene 1 ist übrigens nachmittags völlig ausgestorben. Ähnlich wie in Angkor, verfolgen die Tourguides stoisch ihr Programm: Morgens Ebene 1 und Visitor Center, Mittag an der Ebene 2 und zum frühen Nachmittag, geht es zur Ebene 3. Wir haben Glück, tollster Sonnenschein, milder Wind, Zeit und Ruhe. Der Friedhofsbesuch war sehr schön!



"Neben" der Ebene 1 hat man auf einen Hügel eine riesige Buddhafigur gesetzt (im letzten Bild, rechts im Hintergrund). Alles ist noch ziemlich neu, auch die Zufahrt, die aus einer buckeligen Schotterpiste besteht und dem dazugehörenden Kloster. Doch von der Buddhafigur aus können wir das ganze südwestliche Plateau und die Stadt Phonsavan überblicken. Nebenbei erwähnt,





ist Phonsavan die fünftgrößte Stadt in Laos, was uns so gar nicht bewusst war. Wir verbummeln da so in der Sonne sitzend den Nachmittag, einfach weils lauschig schöne Sonne war und der Blick sogar bis zum Phu Bia reichte, Laos höchster Berg mit ca. 2850 Metern. Dort kommen wir morgen auf dem Weg nach Thathong vorbei. Bonne nuit folks!







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