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AutorenbildIngo

Alltag in Vientiane, Demokratische Volksrepublik Laos . . .

17. Januar 2024 - Vientiane

KM 16.889


Der Feuerlöscher geht nicht. Aha, welcher Feuerlöscher? Ich habe meine Brille beim Frühstück nicht dabei. Doch die Nachrichten von PT Air Cargo kommen per WhatsApp rein. Der Feuerlöscher geht nicht, das sei ein Gefahrgut! Glaube ich gerne, doch, immer noch - welcher Feuerlöscher. Sie schicken ein Bild. Aha, das ist also der Feuerlöscher - unsere



Brennstoffflasche. Also schicke ich eine Erklärung und mache mich auf den Weg zum PT Air Cargo Büro, was nur unweit unseres Hotels liegt. Habe unsere gesamte Dokumentenmappe mit im Gepäck. Inzwischen ist der Ordner ganz schön angewachsen. Der Carnet des Passages, Kopien, Permits aus Thailand und Kambodscha, Rechnungen, alte Flaggen von den Koffern usw.. Wir klären alle Details, insbesondere gibt es ja noch die Schwierigkeit, wenn die Bergziege auf einen LKW kommt, muss der laotische Zoll ja die Ausreise in den Carnet des Passages stempeln. Das System ist der Mitarbeiterin von PT Air Cargo neu. Da sie aber hervorragend Englisch spricht, versteht sie die Problematik. Überhaupt, der Chef ist ein Laote, der mir immer nur ein Bier anbieten will und ganz entsetzt ist, dass ich als Deutscher, kein Bier trinke. Macht mich verdächtig in seinen Augen. Aber, müssten wir mit ihm die Dinge regeln, wäre das schier unmöglich. Hätte er seine Mitarbeiterin nicht, würde der Laden vermutlich nicht laufen. Insgeheim vermute ich mal, dass die junge Frau ohnehin den Laden schmeißt und er da nur, wichtig dreinschauend rumhockt. Nachdem alles geklärt ist, müssen wir jetzt auf Preise für Flug, Transport und Verpackung warten. Wir sind aber guter Dinge, denn in einem anderen Motorradblock haben wir gelesen, dass PT Air Cargo - eigentlich ein thailändisches Unternehmen aus Bangkok - die besten und seriösesten Angebote gemacht hat. Damit haben wir frei. Übermorgen werden wir weiter nach Vang Vieng fahren und dort zwei Nächte bleiben. Vang Vieng wird besonders wegen seines ursprünglichen ländlich-laotischen Charmes angefahren. Natürlich könnte auch der ehemalige Status als Backpacker-Party-Hochburg zum touristischen Stellenwert beigetragen haben. Da aber die Polizei, wegen exorbitanter Party-Exzesse mit Todesfolge, bereits 26 Clubs geschlossen hat, scheint Ruhe in Vang Vieng eingekehrt zu sein. Außerdem liegt es auf dem Weg nach Luang Prabang, der alten Königsstadt im Norden von Laos, das außerdem auch das Unesco-Weltkulturerbe Zertifikat besitzt.



Heute ist mir, per Zufall gewissermaßen, die neue DJI Osmo Pocket 3, in die Hände gefallen, die ich schon seit Kuala Lumpur verzweifelt gesucht habe. Die ist seit November neu auf dem Markt, doch nirgendwo war sie verfügbar. Eigentlich hatte ich nur der Form halber mir einen DJI-Store in Vientiane herausgesucht, der auch noch ziemlich weit draußen liegt. Dann dachte ich mir, lass doch bitte eben den Hotelconcierge dort anrufen und nachfragen, bevor ich 20



Kilometer hin und zurück durch die Suburbs von Vientiane gurke. Und - tatsächlich - haben sie das Ding da! Also fahren wir hin und ich ergattere die letzte von 5 Sets, die sie erst gestern morgen (!) bekommen haben! Nun wird der geneigte Leser sich fragen, Mensch Ingo, du hast doch schon so viele Kameras dabei. Was bringt dir noch eine? Diesen Einwand kann ich verstehen. Doch die Nützlichkeit dieser Kamera liegt in seiner Gimbal-Technik. Wenn ich 2 Stunden Motorrad gefahren bin und irgendwo etwas filmen möchte, sind meine Hände von dem



Motorradgewicht öfter mal unruhig. Dann benötige ich das Stativ. Dass ist dann aber schon wieder Aufwand, den man einfach nicht betreibt, weil man hier eigentlich alle 5 Kilometer malerische Motive findet. Die Pocket 3 hat eine "hängende" Linse, die jegliche Bewegungen ausgleicht und außerdem ist klein ist, dass sie in die Hosentasche passt. Ganz im Gegensatz zu unserem großen Camcorder. Da dieses kleine Ding auch im Kinoformat filmen kann, bin ich gespannt, wie sie sich im "Einsatz" bewährt. Allein, was da an Technik und Progammmöglichkeiten drin steckt, ist schon sehr krass. Bin gespannt!



Da wir jetzt frei haben, fahren wir nach Downtown Vientiane, binden die Bergziege irgendwo an und schlendern durch das Viertel. Ins gesamt ist es authentischer geblieben, als bspw. Phnom Penh. Die zugenommene Menge an Autos hat zu einem Einbahnstraßensystem geführt, so dass man auf den "Parallelstraßen" zum Mekong, immer nur in eine Richtung fahren kann. Dieses Einbahnstraßenseystem ist auch nicht sehr übersichtlich, sodass sich kaum ein Rollerfahrer an die Richtungsvorgaben hält. Und so kommt es zu unserem ersten Verkehrskonflikt. Aus den Suburbs kommend, weist mich das Navi an, geradeaus zu fahren. Diese Straße entpuppt sich als kaum 100 Meter lange Einbahnstraße. Also Augen zu und durch. Zwei Ampeln weiter, steht ein Roller mit zwei, ziemlich verlotterten, Verkehrspolizisten neben uns. Verknittertes Kakhi, schwarze, staubige Plastikschuhe - Modell Uniformzusatz, leicht säuerlicher Hygienegeruch. Sie wollen Papiere. Können sie haben. Das macht sie schon ein bißchen ungeschmeidig, dass ich alle nötigen internationale Führerscheine und Fahrzeugscheine vorlegen kann. Unschlüssig, was zu tun. Ich sage ihnen, dass sie ein Ticket schreiben sollen und gut ist. Sie behalten die Papiere und wollen, dass wir mit aufs Revier kommen. Aha, also fern ab, der uns umgebenden neugierigen Augen, die zweifelsohne auf der Situation liegen. Wir folgen ihnen zu so einem kioskartigen Bruchbüdchen, was genau an der Kreuzung steht, die wir in Richtung



Einbahnstraße überquert haben. Ich gehe in die versiffte Bude, da hockt ein dritter, ziemlich verschwitzer Uniformierter, der immerhin einen Stern mehr auf der Schulter hat. Er macht ein ernstes Gesicht. Inspiziert auf scheinbar schwerwiegende Weise, sehr ernst meine Papiere. Kann aber ebenso wie seine beiden Kumpel kein richtiges Englisch. Die beiden anderen rücken in den Hintergrund - er hat die Situation übernommen, so viel ist mal sicher. "Serious" murmelt er in einem Englisch, dass ich fast losprusten muss. "The fee ist 450.000 Kip!" (17,55 US$) "Aha, ok!" sage ich und drei Paar Augen beginnen zu leuchten. Ergibt mir meine Papiere zurück, die ich sofort sicher tief in meinen Taschen verstaue und schaue ihn an. Er ist verwirrt, es lief doch so gut! "Write first an Ticket!" sage ich ihm und setze mich auf einen freien Stuhl. Nun merkt er, dass er über den Tisch gezogen wurde und will meine Papiere noch einmal sehen. "No ways - Write the Ticket and I´ll pay 450.000 Kip!" Dilemma. Jetzt versucht er den bösen Cop zu machen, aber das Spiel kenne ich gut. "Write the Ticket!" Inzwischen ist klar, sie wollen nur Kohle, denn inzwischen sind bestimmt 20 Roller nicht nur in die Einbahnstraße gefahren, sondern auch bei Rot über die Ampel. Es geht also um die Abzocke eines Ausländers. "200,000 Kip", sagt er plötzlich. "Ticket?" Dann muss er Farbe bekennen, denn nun ist ihm klar, dass mir klar ist, dass sie mich erpressen wollen. Pattsituation, alle drei werden auf einmal total freundlich. Ich bitte die Buchhaltung - Anni ist draußen geblieben - mir den Reisegeldspeicher zu reichen. Richte mich in der kleinen Butze zur vollen Größe auf, während die Jungs sitzenbleiben, lege ihnen 50.000 Kip (2,33€) auf den Tisch neben den Ticketblock, nicke ihnen zu uns verlasse die Bude. Die drei sind ziemlich perplex, halten uns aber nicht weiter auf.




Downton versuchen wir ein spezielles Café zu finden, welches uns von Yorrick und Lisbeth empfohlen wurde. Nach langem Suchen finden wir den Laden, versteckt zwischen einem Wat, Backpacker Hotels und Galerien. Doch es hat geschlossen, sodass wir uns in einer anderen Kaffeetränke niederlassen. Die Altstadt wimmelt nur so von Wats, Boutiquehotels, Restaurants und Bars. Das Hard Rock Café hat hier seinen Standtort, gleichermaßen wie trendige Kaffeecontainer und auch Galerien, die aber ebenso gestelzt und snobby daherkommen, wie bei uns daheim. Etliche Wats werden gerade frisch restauriert, grell bunt, haben aber leider nicht die ästhetischen Finessen, wie die thailändischen Glaubenshäuser. Die Wächterfiguren sind



oftmals so plump, dass man meinen könnte, sie wären von der Muppetshow. Viele Wats sind in einem schlechten Zustand, was sicherlich daher kommt, dass Jahrzehnte die Religion staatlich bedingt keine allzu große Rolle spielen durfte. In diesem Teil der Stadt sind viele Mönche unterwegs und in Anbetracht ihrer recht leuchtend rotorangenen Roben, hat das temporäre "Mönchsein", was mindestens einmalig in Indochina und Thailand zum Leben eines Mannes dazugehört, gerade große Renaissance hier. Für gewöhnlich sind die Roben von buddhistischen Mönchen ziemlich verwaschen und fahlgelb. Nur frisch ordinierte Mönche tragen noch





leuchtende Farben. Heute ist wirklich schönes Wetter. Die Wärme hat 28 Grad, der Himmel ist tiefblau und man hat das Gefühl, irgendwo im Süden im Hochsommer zu sein. Die niedrigen Bauten, mit Anklängen aus französischen Gründerzeiten, stehen im krassen Kontrast zu den formalistischen Prachtbauten im chinesischen Viertel. Zwischen unserem Hotel, hin zum Flughafen, liegt das Chinesenviertel. Endlos viele quaderförmige Hotelbauten, mit massigen Chinesischen Schriftzeichen dominieren den Stadtteil. Überhaupt ist China allgegenwärtig. Die Riverfront zum Mekong wird langsam aber sicher, mit hochpreisigen chinesischen Prachthotels bepflastert. Besonders die Imitation des "Petersdoms" durch Power China, macht schon



sprachlos. Selbst der ein oder andere Laote, mit denen wir ins Gespräch kommen, können den Ausverkauf der eigenen Ressourcen an China nicht mehr gutheißen und äußern sich dahin - wenn auch nur vorsichtig. Wir unternehmen eine kleine Stadtrundfahrt, entlang des Mekongs. Die Dimensionen von Vientiane entsprechen ungefähr denen meiner westfälischen Heimatstadt. Bei uns ist einfach nur nicht die Dichte an Rolls Royce, Hummer oder Bentley so groß, wie hier. Für uns ist besonders ein Fakt sehr seltsam. Hier sieht man häufig, in den seltsamsten Stadtvierteln, die bspw. noch eine Schotterpiste vor dem Haus haben, riesige, bis hin zu unverschämt protzigen Villen. Direkt daneben, leben Menschen in alten, windschiefen Holzhäusern. Das ist kein Einzelfall, sondern überall im ganzen Land sieht man dieses. Seltsam?



In den frühen Abendstunden ist es wirklich schön im alten Viertel von Vientiane, nur, dass man sich einfach nicht, wie in einer Hauptstadt fühlt. Wir umrunden auch den Patuxai, das Tor des Sieges. Der Patuxai wurde in einer, nennen wir es mal vorsichtig - unübersichtlichen Zeit der laotischen Geschichte erbaut. Als Laos noch eine konstitutionelle Monarchie war, begann man schon daran rum zu dengeln. Ursprünglich wurde es einfach „Anousavali“ (Denkmal) genannt, eine Gedenkstätte für die laotischen Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg und im Indochinakrieg mit Frankreich1949 fielen. Das Denkmal wurde mit amerikanischen Mitteln und Zement errichtet, der eigentlich für den Bau eines neuen Flughafens gedacht war. Jawohl! Stattdessen jedoch, errichtete die Königlich-Laotische Regierung das Denkmal, was ihm heute immer noch den Spitznamen „vertikale Landebahn“ einbringt. In den späten Nachmittagsstunden liegt



das Siegestor in der tiefstehenden Sonne und ist Ziel von Touristen, aber auch Einheimischen. Die Älteren besuchen es aus Erinnerungszwecken und die Jüngeren nutzen das Denkmal als Hintergrund für ihre Instastories. Der ruhige Verkehr, der das Monument umfließt, erscheint uns schon sehr sinnbildlich für die gelassene, ja beinahe dörfliche Stimmung in Vientiane. Bonne nuit folks!




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